Geschichte von Leandra Bin Sara Al Suleyman

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Autor Leandra Bin Sara Al Suleyman

Kapitel I

Einst, vor Jahrhunderten, kam der Phoenix auf die damalige Welt nieder. Das Land wurde durch den Phoenix in die heutigen vier Kontinente geteilt. Sein Feuer erlosch und hinterließ ...

"Leandra!" rief eine ungehaltene Stimme und ließ mich aus meinem Buch hochschrecken. "Wirst du wohl endlich kommen und deine Nase nicht immer in diese verstaubten Bücher stecken." Die Frau die da rief war Omar und seit ich 6 Jahre alt war, für meine Ehrziehung zuständig. Widerwillig klappte ich das Buch zu und legte es behutsam auf den Lesetisch vor mir. Ich ging die prachtvolle Marmortreppe hinunter, wo meine wütende Erzieherin schon wartete. Ich sollte heute endlich lernen wie man kochte. Ohne Omar auch nur eines Blickes zu würdigen, stiefelte ich missgelaunt in die Küche.

"Was soll nur aus diesem Kind einmal werden? Dieses verzogene kleine Biest wird nie eine anständige Hausfrau werden. Warum gebe ich mir eigentlich solch eine Mühe?", wütete Omar hinter mir her. Dabei hatte sie wirklich Recht. Ich hatte nicht besonders viel Talent in Sachen Hausfrau und hatte auch nicht vor diese zu erlernen.

Ich war die 5. Tochter eines Sultans der Momsaru. Mein ältester Bruder war der rechtmäßige Thronerbe, was also scherte mein Vater sich darum was aus mir würde? Meine Zwillingsschwester Helaja hingegen, war so eifrig dabei eine Hausfrau zu werden, dass es mich anwiderte. Wie konnte man nur ernsthaft darauf erpicht sein so etwas zu werden? Bei dem Gedanken schüttelte es mich und ich wandte mich schnell Omar zu, die sich gerade mit ihren breiten Schultern vor mir aufbaute.

"So, du nichtsnutzige, kleine, verwöhnte Göre. Du sollst nicht immer in diesen dummen Büchern herumschnüffeln. Lesen ist was für Priester und Magier, keinesfalls für Töchter von Sultans. Ich könnte Asaru noch heute dafür klein hacken lassen und ihn den Hunden zum Fraß vorwerfen, weil er dir das Lesen beigebracht hat! Es ziemt sich nicht für eine junge Dame, wie euch, lesen zu können."

"Doch es kann ganz nützlich sein. Man könnte zum Beispiel in diesen "dummen Büchern" Rezepte nachlesen." Der hatte gesessen. Omar blickte mich mit, vor Staunen, geöffneten Mund an. Sie hatte leider viel zu schnell ihre Fassung wieder gefunden und zerrte mich an der Schulter zu einem Tisch, an dem Helaja schon fleißig Kartoffeln schälte. Sie begrüßte mich mit einem Lächeln und ich musste wider Willen zurück lächeln. Auch wenn ich sie dafür verabscheute, dass sie unbedingt dieses Hausfrauen Getue machen wollte, liebte ich sie von ganzem Herzen. Ich ließ mich neben Helaja auf einen Stuhl sinken und griff nach einer Kartoffel und einem Messer. Die noch immer vor Wut kochende Omar, wandte sich an die Töpfe und überließ es uns beiden, die Kartoffeln zu schälen.

"Omar kocht mindesten so sehr wie die Suppen in den Töpfen" sagte Helaja leise lachend. Ich konnte nicht anders und musste kichern. "Was gibt es da zu lachen, ihr sollt arbeiten" fuhr Omar uns an. Leise kichernd, schälten wir weiter unsere Kartoffeln.

Ich sah von meiner Kartoffel auf und aus einem Fenster auf den Innenhof, indem gerade mein Bruder, Atwesi, der dritt geborene, von Asaru, in der Kampfkunst unterwiesen wurde. Er war gerade 13 geworden und nun alt genug, den Schwertkampf zu erlernen. Ach wie gerne würde ich auch die Kunst des Kampfes erlernen, doch dies war mir als Tochter des Sultans untersagt. Nicht das es im allgemeinen verboten wäre als Frau...

"Leandra, du bist schon wieder mit deinen Gedanken auf einem unerreichbaren Weg. Vergiss es. Vater wird es dir niemals erlauben." Meine Schwester hatte eine unliebsame Eigenschaft, mich jedes Mal daran zu erinnern, dass ich etwas nicht erreichen konnte. Ich schnaubte sie an und widmete mich wieder meinen Kartoffeln. Nachdem wir endlich alle Kartoffeln geschält hatten und Omar uns ausführlich erklärt hatte, wie man eine Kartoffelsuppe zubereitete, wurden wir aus unserem Küchendienst entlassen und schlenderten gemütlich über den Innenhof. Wir setzten uns auf den Rand eines Brunnen, der von einem Baum beschattet wurde und sahen Atwesi bei seinen Übungen zu. Der Tag war schwül, so wie fast jeder andere und nicht einmal eine kleine Brise, verschaffte etwas Frischluft. Atwesi war kein bisschen gut im Schwertkampf, auch wenn er sich noch so viel Mühe gab. Ich grübelte so vor mich hin und murmelte ein paar Anweisungen, als Atwesi einen Scheinangriff von Asaru parierte und zum Gegenangriff ausholte. "Halt" schrei ich entsetzt und Atwesi und Asaru sahen verblüfft zu mir herüber. Geschäftstüchtig stand ich auf und ging auf Atwesi zu. "Nein, nicht doch! Stell dir vor, das wäre in einem echten Kampf passiert. Hast du nicht gemerkt das Asaru nur ganz leicht seinen Schlag ausgeführt hat? Er wollte das du parierst und bevor du deinen scheinbaren Vorteil mit einem Gegenangriff auszunutzen versucht hättest, wärst du schon durchbohrt zu Boden gegangen" schloss ich fachmännisch meinen Bericht. Asaru sah mich mit hochgezogenen Brauen und einem zufriedenen Lächeln an. Schuldbewusst blickte ich zu Boden und sah nicht wie mein Vater hinter mir auftauchte. "Mein Sultan, "sagte Asaru in die Verbeugung hinein, "Eure Tochter weiß ausgesprochen gut über die Kampfkunst bescheid, obwohl es ihr niemand gelehrt hat." "Ja, ich weiß und ich finde es nicht minder so beeindrucken wie Ihr, aber leider weiß sie mehr darüber, als übers kochen." "Vater, bitte lass mich es lernen. Ich bin so unbegabt im Kochen wie im Stricken, aber des Schwertes bin ich würdig. Ich will..." "Schweig still. Ich kann es ja wirklich nicht mehr hören. Eine Tochter des Sultans der Momsaru, die ein Schwert führt! Pah! Was wäre dies nur für eine Schande." Einen Moment dachte ich daran, etwas zu erwidern, ließ es dann aber doch. Mich beschäftigte ein anderer Gedanke. Ich blickte Gedanken verloren zu meinem überaus großen Vater auf und blickte in seine dunkel braunen Augen. Er war ein schöner, wie muskulöser Mann von erhabenem Mut. Seine schwarzen Haare waren unter einem Kopftuch verschwunden und die Kerzengerade Nase saß perfekt an Ort und Stelle. Seine schmalen Lippen erinnerten entfernt an ein Lächeln und die feinen Lachfältchen um seine Mundwinkel herum spannten sich ein wenig.

Er drehte sich um und verschwand wieder in seinem Prachtvollem Schloss. "Nun gut. Das war genug für heute, Atwesi. Wir üben morgen weiter." "Ja, Meister Asaru" sagte Atwesi erleichtert und verbeugte sich dabei. Er drehte sich um und wollte vorlaufen, aber er hatte vergessen, dass ich da immer noch stand. Mit Vollgas lief er gegen mich und ich fiel zu Boden. "Pass doch auf, wo du stehst!", sagte mein Bruder zu mir. "Pass du doch auf wo du hinläufst" erwiderte ich bissig. Wütend trabte er davon. Ich starrte hinter der Gestalt meines Bruders her. Helaja war inzwischen neben mich getreten und erkundigte sich wie es mir ginge. Asaru reichte mir seine Hand und half mir auf. "Alles in Ordnung, Prinzessin?" "Ja ja, ich werd`s wohl überleben." Asaru lachte auf und ich sah ihn wütend an. Er hob beschwichtigend die Hände und sank auf die Knie. "Bitte vergebt mir Prinzessin und habt erbarmen vor einem alten Mann wie mir" sagte er lachend. Ich war so wütend, dass ich nicht bemerkte wie ich die hand hob und ihm eine scheuerte. Dann wendete ich mich um und ging kochend vor Wut zum Pferdestall.

Während ich mein Pferd sattelte, hatte Helaja Asaru aufgeholfen und sagte schüchtern:" Verzeiht ihr, sie ist eigentlich nicht so, aber sie ist einfach wütend darüber, dass sie nicht die Kampfkunst gelehrt bekommt. Sie ist so stur..." "Nun ja, wenn du mich schon so lieb bittest, vergeben und vergessen. Ich hoffe nur, dass ich ihr nie mir dem Schwert gegenüber stehen muss. Beide lachten und gingen dann ihres Weges. Helaja kam zu mir in den Stall und sah mich fragend an. Ich studierte Ihr hübsches Gesicht. Sie hatte eng aneinander liegende Augen, von einem hellen braun und die gerade Nase mit dem kleinem Stupsnäschen saß genau zwischen den Augen. Ihre vollen Lippen waren zu einem hilflosen Lächeln verzogen. "Das wird Vater nicht gefallen, wenn du jetzt einfach davon reitest. Er wird sich mächtig...." "...aufregen ich weiß. Aber das ist mir egal. Soll er sich doch grün und blau Ärgern. Ich werde mich solange seinen Befehlen widersetzten, bis ich das bekomme, was ich will und du weißt genau was das ist. Geh mich nicht gleich verpetzten warte bis ich ungefähr 2 Meilen Abstand habe." "Bist du verrückt? Ich werde dich nicht verpetzten, ich bin doch deine Schwester!" Das passte mal wieder zu Helaja. Sie, die getreue und liebevolle und vor allem fügsame Helaja, will mich nicht verpetzten und nimmt so auch eine Strafe auf sich. "Vergiss nicht was letztes mal passiert ist, als du mir den Rücken frei gehalten hast! Wir hatten beide Kammer Arrest. Ich will nicht, dass du schon wieder da mit rein gezogen wirst." "Wo wirst du hingehen? Was ist wenn sie dich doch finden?" "Mach dir da mal keine Sorgen. Ich kenne ein kleines Dorf, ungefähr 2 Tagesritte von hier entfernt. Mit Gabria schaffe ich den Weg in ein ein halb Tagesritten. Ich kenne dort ein paar Leute bei denen ich unter kommen kann. Dort werden sie mich nie finden und Vater würde niemals öffentlich bekannt geben, dass seine Tochter ihm, dem Sultan, ausgebüchst sei." "Dann sag mir wenigstens wie das Dorf heißt., damit ich dich, zur Not, aufsuchen kann. Sag, wann wirst du heim kehren?" "Der Name des Dorfes ist Xamania und ich gedenke in ungefähr 9 tagen wieder zu kehren." "Nun gut. Da ich dich eh nicht davon abhalten kann, dann geh, aber geh bitte hinten raus, wenn dich vorne jemand sieht, schlägt er Alarm und dann ist es aus." Ich bedankte mich bei meiner Schwester mit einer Umarmung und verabschiedete mich schnell. Ich nahm die Zügel meiner Stute in die Hand und lief in Richtung Hinterausgang. Mein Vater würde niemals recht zeitig bemerken, dass ich fehlte und so machte ich mich auf den Weg. Nachdem ich mich in den Sattel geschwungen hatte, ritt ich los in Richtung Norden.

Asaru hatte den heimlichen Abgang Leandras bemerkt und folgte Helaja in ihre Kammer. Dort schlich er sich hinein und stellte sich hinter Helaja, die sich mit einem Seufzer vom Fenster abwandte und schrie, als sie Asaru erblickte. Er lachte und machte es sich auf einem Kissen auf dem Boden bequem und bedeutet Heaja sich neben ihn zu setzten. "Du hast mich vielleicht erschreckt. Mach das nie wieder!" "Also wohin ist deine Schwester nun schon wieder unterwegs. "Was.. meinst du?" , stotterte sie hilflos. "Tu jetzt nicht so. Keine Angst. Ich habe nicht vor, dem Sultan Bericht zu erstatten, aber die Gelegenheit ist gut. Wenn du mir sagst wohin sie geht, werde ich ihr folgen und kann ihr vielleicht ein bisschen die Kunst des Schwertes beibringen." "Das würdest du wirklich tun?" Asaru seufzte und strich sich durch sein braunes Haar. "Ja, das würde ich. Sie hat für ihre 12 Jahre ein erstaunlich großes Talent und es wäre schade dies zu vergeuden. Außerdem würde ich gerne einmal wieder hier raus. Hier ist zwar schön, aber ich sehne mich nach einem ordentlichen Ritt und einem kleinem Abenteuer, dass ich sicherlich mit deiner Schwester haben werde." Sie lachten und Helaja berichtete Asaru alles was sie wusste. "Wenn du einfach gehst rastet Vater aus. Was also willst du ihm erzählen?" "Ich werde ihm erzählen, dass es in einem kleinem Dorf Probleme mit kleinen Gaunern gibt und ich mich darum kümmern möchte." "Wenn du aber, nachdem ich bei ihm war, auch verschwinden willst, könnte er Verdacht schöpfen." "Das ist wahrhaftig ein kluger Gedanke, aber ich werde einfach vor dir zu ihm gehen."

Asaru schlich ungesehen aus Helajas Zimmer und lief Richtung Thronsaal. Vor der Tür klopfte er höflich an und wartet auf den Befehl einzutreten. Vor dem Thron verbeugte er sich knapp und sah dann dem Sultan ins Gesicht. "Mein Sultan, ich möchte Euch bitten, mir einige Tage Urlaub zu geben. In all den Jahren, in denen ich Euch diente, habe ich nur sehr selten darum gebeten." "Warum wollt Ihr Urlaub?" fragte der tiefe Bass des Sultans misstrauisch. "In einem kleinem Dorf, nicht weit von hier entfernt, gibt es ein paar Probleme mit Gaunern, denen ich mich gerne annehmen würde." "Wie weit entfernt und wie lange habt Ihr vor fort zu bleiben?" "Es ist ungefähr zwei Tagesritte nördlich von hier und ich gedenke neun Tage fort zu bleiben." Der Sultan kratzte sich nachdenklich am Kopf und seufzte dann. "Gut. Ich werde Euch euren Wunsch gewähren. Beeilt Euch, denn mein Sohn muss weiter unterwiesen werden." "Vielen Dank, mein Sultan." Asaru verbeugte sich und ging hinaus. Nun das wäre geschafft. Jetzt muss ich nur noch meine Sachen packen und zusehen, dass ich Leandra noch einholen kann. Kurz darauf ritt ein grauer Schimmel mit seinem Reiter davon, Richtung Norden.

Wenn ich mich noch ein wenig beeile, bin ich bald weit genug entfernt und kann eine kleine Rast für meine treue Stute einlegen. Am besten ich suche mir eine abgelegene Oase und fülle bei der Gelegenheit gleich meinen Wasserschlauch neu auf. Bald darauf fand ich was ich suchte und ließ meine Stute Gabria an einer Oase grasen. Ich selbst füllte meine Schlauch und legte mich unter eine Palme. Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn das nächste was ich mitbekam war, dass jemand angeritten kam. Ich schreckte aus meinem Schlummer auf und sah voller entsetzten, dass ein Reiter genau auf mich zu hielt. Meine braune Stute wandte sich um und begrüßte das andere Pferd mit einem Wiehern. Ich raffte schnell meine Sachen zusammen und stieg auf mein Pferd. Gerade wollte ich ihr die Sporen geben, als mir eine wohl bekannte Stimme befahl zu warten. Gehorsam und überrascht wendete ich meine Stute und wartete auf Asaru. Er hielt sein Pferd dicht neben mir an. "Was ma..." Asaru unterbrach mich. "keine Zeit für Erklärungen Prinzessin. Die Ausreiter deines Vaters, die nach dir suchen sind schon unterwegs. Es war ziemlich leichtsinnig von dir hier solange zu rasten. Komm jetzt ich werde dir später erklären, was ich hier mache. Wir werden jetzt nicht mehr auf der Straße reiten können, da würde sie uns bekommen. Wir machen einen kleine Bogen und werden auf einer Nebenstraße weiter reiten." Mit diesen Worten trieb er seinem Pferd die Hacken in den Bauch und ließ ihn in ein schnelles Galopp fallen. Ich wendete meine Stute schnell und folgte ihm, noch immer verwirrt aber auch neugierig.

Den Rest des Tages ritten wir, als würde uns ein Rudel wilder Wüstenfüchse verfolgen. Gegen Abend verlangsamten wir das Tempo und als es schon später Abend war hielten wir an einer Oase an und schlugen unser Lager auf. Ich sammelte ein wenig Holz und entfachte ein kleines Lagerfeuer an einer geschützten Stelle. Wir nahmen ein kaltes Mahl zu uns und wickelten uns eng in unsere Decken. Nach einer Weile einträchtigen Schweigens hatte ich keine Lust noch länger auf Antworten zu warten. "Also erzähl schon, warum bist du mir gefolgt, holst mich aber nicht nach Hause, sondern hilfst mir bei der Flucht?" Der Mann neben mir seufzte und drehte mir sein Gesicht zu und sah mich mit seinen smaragd grünen Augen an. "Eigentlich hatte ich gehofft, ich könnte dir morgen erzählen warum ich hier bin, aber gut. Ich habe gesehen, wie du dich heimlich aus dem Staub gemacht hast und habe deine Schwester zur Rede gestellt. Sie hat mir deine Pläne verraten und ich habe deinem Vater gesagt ich müsse irgendwelche Probleme in diesem Dorf lösen, damit er mich gehen lässt." "Was bezweckst du mit diesem Ausflug?", fragte ich ein wenig zu scharf als gewollt. Ich sah in Asarus Gesicht, konnte dort aber nichts außer kühne Entschlossenheit sehen. "Nun Prinzessin, ich bezwecke damit, dir einen Wunsch zu erfüllen. Ich werde dir den Schwertkampf lehren." "Wirklich? Asaru, das ist mein größter Wunsch!" Ich sprang auf und umarmte den verdutzt drein blickenden Asaru stürmisch und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Ja ja. Ist ja schon gut Kind aber jetzt schlaf endlich, damit wir morgen in aller frühe aufbrechen können." Damit drehte er sich um und schlief ein. Ich konnte gar nicht einschlafen so glücklich war ich. Ich jubelte innerlich, bis die Müdigkeit mich schließlich übermannte und ich in einen ruhigen Schlaf fiel.

Am nächsten Morgen erwachte ich früh und verwischte alle Spuren unseren Aufenthalts. Ich weckte Asaru, der sich schlaftrunken streckte und aufstand. Wir verzehrten unser karges mahl und machten uns auf, weiter Richtung Xamania. Wir ritten ungefähr ein halben Tag lang durch diese öde Wüste. Die Hitze war unerträglich und ich zog es vor nur in einem Unterhemd weiter zu reiten, was mir eine spöttischen Blick von Asaru einbrachte. Ich störte mich nicht weiter daran und ließ die sengende Sonne auf meine gebräunte Haut fallen.

Als wir uns dann Xamania näherten zog ich meine Tunika über und blickte Asaru herausfordernd an.

Xamania war nicht besonders groß und bestand gerade mal aus 20 kleine Häusern und einer kleinen Verwaltung. Die meisten waren Bauern und versorgten sich und ihr Dorf selbst. Es gab auch eine Schmiede und eine kleine Bücherei. Normaler weise hätte ich mich für die neun Tage in der Bücherei versteckt und dort gelesen, jetzt aber wollte ich zu einem alten Freund von mir. Dort würden Asaru und ich sicherlich unterkommen können. Wir ritten an einigen Häusern vorbei, bis ich vor einem etwas größerem Haus stehen blieb. "Hier wohnt mein Freund, Mohamad, mit seiner Familie. Warte hier ich werde erst einmal mit ihm sprechen." Ich stieg ab und klopfte einen leisen Rhythmus an die Tür. Sofort öffnete mir Aylene, Mohamads Frau, die Tür und ließ mich eintreten. Nach einer kurzen Umarmung schaute ich mich in dem Haus um. Neben den vier Kindern der beiden konnte ich Mohamad nirgends finden. "Sag mir, Aylene, wo ist dein Mann? Ich habe eine dringende Bitte an ihn." "Nun, er ist heute morgen verreist und wird erst in 4 Tagen zurück kehren. Wenn du mir sagst um was es sich handelt, kann ich dir vielleicht auch helfen." "Also gut. Ich bin von zu Hause ausgebüchst und suche nun für die nächsten 9 Tage einen Unterschlupf. Ich bin nicht alleine unterwegs. Ein Freund von mir ist mit mir gekommen." "Ja..... Ja ich denke das geht in Ordnung. Wie ich meinem Mann kenne hätte der eh nichts dagegen. Er findet es sehr wichtig, dass du deinen eigenen Weg gehst. Also gut ich mache euch das Gästezimmer zurecht." "Du meinst wir sollen in EINEM Zimmer schlafen?" "Ich dachte er wäre dein Freund?" "Nicht doch er ist nur ein Freund." "Nun dann werde ich noch eine Pritsche bereit stellen. Ihr werdet dennoch in einem Zimmer schlafen müssen, da ich nicht genug Platzt habe." "Vielen Dank. Das genügt mir schon. Kann ich unsere Pferde in den Stall bringen?" "Natürlich ich kümmere mich selbst um deine gute Stute." Nachdem Gespräch mit Aylene ging ich wieder raus und berichtete Asaru knapp von meinem Gespräch. Wir brachten unsere Pferde in den Stall und gingen ins Haus. "Setzt euch es gibt gleich essen . Ihr seid sicher hungrig nach der Reise." Aylene sah mich fragend an und ich wendete mich zu Asaru. "Nun, Asaru, das hier ist Aylene die Frau von meinem Freund, Mohamad. Er ist zur Zeit nicht da, aber Aylene hat uns erlaubt solange hier zu bleiben wie wir wollen. Aylene das hier ist mein Freund Asaru." "Es freut mich sehr Euch kennen zu lernen, Asaru. Aber sagt mir, wieso seit Ihr mit dieser kleinen Füchsin unterwegs?" Aylene zwinkerte mir kurz zu und runzelte dann die Stirn. "Nun ich bin hier, weil ich dieser kleinen Füchsin einen Gefallen tun möchte. Sie wünscht, von mir, die Kunst des Schwertes zu erlernen. Sie hat großes Talent und ich denke es ist besser, wenn sich die kleine auch alleine verteidigen kann." Aylene nickte kurz. Ihr schien diese Antwort gut genug. Dennoch konnte ich in ihrem Gesicht ein wenig Misstrauen erkennen. Mir ging es genauso. Wieso wollte er mir diesen Gefallen tun? Da ich Aylene kannte, würde sie bestimmt ein Auge auf ihn werfen und ihn im Blick behalten.

Nach dem essen bestand ich darauf, mich ein wenig auf dem Feld zu beteiligen. Mohamad war ein guter Bauer, dennoch war die Arbeit hier schwer und viel. Wider Willen ließ mich Aylene doch noch helfen. Ich arbeitete bis spät in die Dämmerung, bis ich zum Essen gerufen wurde. Vollkommen erschöpft ließ ich mich auf ein Kissen fallen und aß mein Mahl. Nach dem Abendessen verabschiedete ich mich rasch und ging rauf in mein Zimmer. Ich wusch mich kurz und legte mich dann ins Bett. Für heute hatte ich genug. Meine Beine schmerzten noch ein wenig von dem Ritt und meine Arme und mein Rücken waren schwer wie Blei. Trotzdem fand ich in dieser Nacht kaum Schlaf. Ich warf mich in meinem Bett hin und her, leider erfolglos. Irgendetwas störte mich. Ich stand auf und ging zum Fenster. Die Nacht war angenehm kühl und klar. Die Sterne funkelten hell am Himmel. Irgendwo da draußen hörte ich eine Kuh. Während ich dort am Fenster stand, war wo anders eine Krisensitzung einberufen worden....

"Gibt es schon irgendwelche Ergebnisse?" Der Sultan blickte in die Runde. Dort saßen die Befehlshaber, der Suchtrupps und seine vier Kinder. An seiner Seite saß seine Frau Manolya. Was er nicht sehen konnte, dass seine Frau schmunzelte. Er hatte ihr schon erzählt, dass ihre Tochter ein weiteres Mal einfach von zu Hause abgehauen war, nur weil er ihr nicht erlaubte, die Kunst des Schwertes zu erlernen. Bei sich dachte die Frau, dass sie genau so dickköpfig und stur war, wie ihr Vater. Sie selbst fand diesen Wunsch nicht ganz so schlimm. Sollte die Kleine doch lernen mit einem Schwert umzugehen. Dann könnte sie sich selbst verteidigen und müsste sich nicht kampflos irgendwelchen Banditen ergeben. Sie ist stark und hat enorm viel Talent. Wieso diese verschwenden? Helaja konnte Hausfrau werden, Leandra wäre eh eine schrecklich Köchin. Es gibt durchaus auch Männer, die gut kochen können. Wie gesagt ihr Mann war sehr stur, wenn es um die Erziehung seiner Kinder ging.

"Mein Sultan, leider gibt es noch keine Spur wo sich Eure Tochter aufhalten könnte." Einer der fünf Leiter hatte sich nun zu Wort gemeldet. "Das kann doch alles nicht wahr sein. Seid ihr denn unfähig, eine zwölf jährige zu finden? Sie kann doch nicht all zu weit gekommen sein. Sie ist doch erst zwölf... Geht jetzt und das nächste Mal will ich Ergebnisse sehen!" Damit erhoben sich die fünf Männer und gingen. Nun war der Sultan mit seiner Familie allein. "Vater ich bitte dich! Musst du immer so ein Trubel machen? Du weißt doch genau, dass deine Männer sie nicht finden werden und sie kommt eh bald wieder Heim." Der Älteste Sohn des Sultans und Erbe des Throns, Kasim, kannte seine Schwester nur zu gut. Für ihre zwölf war sie verdammt gerissen und wusste wo man sich verstecken musste, um nicht gefunden zu werden. Nun hatte sich auch die älteste der drei Schwestern, Merih, erhoben und richtete das Wort an ihren Vater. "Vater, lass ihr doch ihren Willen. Heut zu Tage ist es nicht ungewöhnlich, wenn Frauen in den Krieg gehen. Warum also willst du es ihr verbieten? Es gibt keinen guten Grund." "Schweigt still. Das ist doch alles lächerlich. Jeder hier tut das, was er tun soll, nur die kleine Leandra widersetzt sich mir." Alle schwiegen betroffen. Er hatte ja Recht. Die Geschwister aber wollten ihre Schwester nicht im Stich lassen und vor allem wollten sie doch, dass sie ihren Wunsch bekam. Atwesi hatte die ganze Zeit über geschwiegen, doch nun erhob er sich und blickte seine Eltern an. Seine Mutter lächelte ihm aufmunternd zu, sein Vater sah ihn nur fragend an. Er blickte noch einmal in das Gesicht seiner Mutter. Ihre vollen Lippen waren zu einem Lächeln verzogen und ihre grünlich gelben Augen schimmerten im Schein der Kerzen Golden zu ihm hinüber. Ihre schwarzen, langen Haare waren hinten zu einem Zopf zusammengeknotet. Sie hatte eine liebevolle, kleine Stupsnase. Was er jetzt zu sagen hatte, war alles andere als Angenehm und sein Vater würde sicherlich nicht begeistert sein, aber das war ihm egal. Er bewunderte Leandra immer wieder dafür, wie sie ihrem Vater die Stirn bot und genau das hatte er jetzt vor. Er wollte kein Krieger werden. "Vater ich bitte dich mich anzuhören. Bevor du etwas sagst, lasse mich aussprechen. Verspreche es!" "Also gut. Ich verspreche es." "Vater, du hast gesehen, wie erbärmlich ich im Schwertkampf bin. Es ist nicht mein Wunsch ein Krieger zu werden. Ich habe es versucht, dir zu liebe, aber es geht einfach nicht. Ich möchte ein Priester wer..." "Bist du von Sinnen, ein ..." " Nazir, erinnere dich an dein Versprechen!", mahnte Manolya scharf. "Gut rede weiter, Sohn." "Wie ich schon sagte, möchte ich ein Priester Beks werden. Ich habe mich einmal mit unserem Hofspriester unterhalten und der sagt er würde meinen Wunsch an die Hohe Priesterin Saris be Khan weiterleiten. Ich möchte nur BEK dienen. Ich verabscheue den Krieg und ich will den Menschen hier helfen. Vater bitte! Ich würde in meiner ersten Schlacht nicht einmal den ersten Tag überleben, so schlecht bin ich." Er setzte sich wieder und sah verunsichert zu seinem Vater auf. Der hatte die Stirn in Falten gelegt und blickte mürrisch drein. Mit einem Seufzer erhob er sich. "Also gut. Ich werde über deine Worte nachdenken und auch über die Kariere Leandras. Gibt es noch jemanden, der etwas auf dem Herzen hat? Was eure Stellung zu Leandra angeht, muss ich sagen ich bin sehr stolz auf euch. Ihr haltet zusammen und benehmt euch wie eine Familie. Geht jetzt." Die Kinder erhoben sich und eilten hinaus, um ihre Eltern alleine zu lassen.

Nazir wanderte grübelt hin und her, während seine Frau ihn beobachtete. "Ich kann es ihnen nicht erlauben! Sie sind die Kinder eines Sultans." "Nazir, sie wissen genau so gut wie du, wo ihre Talente sind. Ich finde du solltest ihnen ihren Wunsch gewähren. Sie sollten das gleiche Recht haben, wie die normalen Bürger und Bürgerinnen auch. Jeder in diesem Land kann entscheiden, was er werden will, nur die Kinder des Sultans nicht. Meinst du nicht, dass wäre ziemlich ungerecht?" "Ja, du hast wie immer Recht. Ach, Manolya, was soll ich nur tun. Ich will doch nur das beste für meine Kinder." "Ich weiß, aber manchmal müssen sie selber entscheiden, was das beste für sie wäre. Lass uns jetzt schlafen gehen. Überlege dir noch einmal gut, was das beste für deine Kinder wäre." Der Sultan und seine Frau gingen zu Bett und schliefen bald ein, während woanders gar nicht an Schlaf zu denken war.

Ich seufzte und wandte mich vom Fenster ab. Ich sah einen Moment lang auf Asaru nieder. Er schlief tief und fest und schnarchte leise. Er hatte eigentlich ein hübsches Gesicht, für einen Krieger. Seine Hakennase war mit kleinen Narben übersät und zwischen seinen Augenbrauen zog sich eine tiefe Falte lang. Sein Gesicht war geprägt von den fielen Schlachten, in denen er gekämpft hatte. Ich legte mich wieder ins Bett und schloss die Augen. Ich erwartete wieder nicht einschlafen zu können, jedoch hatte ich mich getäuscht, den ich schlief sofort ein. Am nächsten Morgen wachte ich mit einem komischen Gefühl im Bauch auf und wunderte mich zuerst. Ich zuckte mit den Achseln und tat es als Hunger ab. Ich machte mich ein wenig frisch und ging hinunter. Asaru war schon wach und spielte mit den Kindern von Aylene. Ich musste schmunzeln und Aylene trat neben mich. "Ich hatte nicht erwartet, dass er so gut mit Kindern umgehen kann. Er sieht mir eher wie ein Krieger aus." Ich sah Aylene an und lachte. "Ja, dass hatte ich auch nicht erwartet. In diesem Mann steckt noch einiges, was ich nicht kenne."

Kapitel II

An jenem Morgen begann ich mein Training. Ich hatte mir eine einfache Tunika übergezogen und eine alte Hose meines Bruders. Meine Haare waren hinten zu einem Zopf geflechtet worden. Asaru blickte mich prüfend an und nickte dann kurz. "Ich habe mir erlaubt, dir ein Schwert mit zu bringen, da ich denke, dass du keine eigenes besitzt. Hier. Es ist nur ein einfacher Einhänder und taugt nicht besonders in einem echten Kampf, aber zum üben sollte es reichen." Er gab mir das Schwert und ich sah es einige Momente lang an. Er hatte Recht, es war wirklich nicht sehr tauglich. An einigen Stellen war der Stahl herausgebrochen und der Griff war schon ein wenig rostig, dennoch reichte es vollkommen zum üben. "Wie wäre es mit einem kleinen Übungskampf, um zu sehen was du kannst?" "Sehr gerne, erwarte aber nicht, das ich dich verschone." "Wir werden sehen." Ich nahm mein Schwert in die rechte Hand und stellte mich in Grund Position. Asaru machte es mir gleich und gab mir ein Zeichen, dass ich anfangen sollte. Ich entschied mich für einen einfachen Ausfallschritt, den Asaru gekonnt parierte. Er holte zu einem Gegenangriff aus, den wiederum ich parierte. So ging es eine ganze Zeit hin und her, bis ich mich schweiß durchnässt ein wenig zurückzog. Die vier Kinder von Mohamad hatten sich um uns herum versammelt und schauten uns voller Ehrfurcht zu. "Asaru, wie wäre es mit einer kleinen Pause und ein wenig Erfrischung?" "Das ist eine gute Idee." "Shamaal, geh und hole uns einen Krug Wasser." Schamaal war, mit seinen 8 Jahren, der älteste Sohn Mohamads. Ich setzte mich in den Schatten eines Baumes und zog meine Tunika aus. Asaru und die drei anderen Kinder, Nazika, die jüngste, Saruhan und Kayra, gesellten sich zu mir. Shamaal kam mit einem Krug Wasser und zwei Bechern wieder. "Danke." Wir tranken ein wenig Wasser und kühlten mit dem Rest unsere Häupte ab. Danach nahmen wir unseren Kampf wieder auf. Wir übten bis in die späte Nachmittags Sonne hinein. Bis jetzt gab es keinen Sieger und es sah so aus, als würde es auch keinen geben. "Das Essen ist fertig. Kommt jetzt für heute habt ihr genug gearbeitet" rief Aylene von drinnen. Ich war vollkommen erledigt und mein Unterhemd war Schweiß durchtränkt.

Nach dem Essen ging ich in den Stall und sattelte mein Pferd. "Du gehst fort?" Asaru war hinter mich getreten und sah mich prüfend an. "Ja, ich kenne hier in der Nähe eine kleine Oase, die ich gerne besuchen würde. Ich möchte mich dort ein wenig erholen und über meinen weiteren Weg nachdenken. Außerdem muss ich mir noch überlegen, wie ich meinen Vater umstimmen kann." "Also gut. Aber sei bitte vorsichtig und nimm das hier mit." Er gab mir ein Schwert und einen Gürtel. "Aber das ist doch dein Schwert!" Ich war völlig verblüfft. Das Schwert bedeutete ihm alles und niemand durfte es berühren, geschweige denn es tragen. "Ja, aber du hast es jetzt nötiger. Du bist verdammt gut und mir sogar ebenbürtig. Ich werde hier bleiben und brauche es im Moment nicht, du jedoch solltest dich schützen können und mit dieser Rostlaube kannst du das nicht." "Danke Asaru." Ich umarmte ihn kurz und stieg dann auf mein Pferd. Ich dachte zwar nicht, dass ich das Schwert brauchen würde, aber es rührte mich, dass sich Asaru solche Sorgen um mich machte. Ich winkte Asaru noch einmal und ritt dann Richtung Süden. Die Oase war nicht weit entfernt, sie lag ungefähr 4 Meilen südlich des Dorfes. Ich trabte aus der Stadt hinaus und ließ dann erst mein Pferd in einen schnellen Galopp fallen. Wenige Zeit später hatte ich die Oase erreicht.

Ich schwamm einige Züge lang im Wasser umher, bevor ich mich am Rand im Wasser treiben ließ. Ich schloss meine Augen und löste mich von allen irdischen Bindungen.

Ich schlief ein und träumte von einem Adler so schön wie die morgendliche Sonne. Seine Flügel schwangen anmutig durch die Lüfte und seine Federn glänzten golden in der Abend Sonne. Er schwebte langsam hinab und machte sich lande bereit. Er setzte seine großen Krallen auf meinem Arm ab und zog seine Flügel an. Wider erwarten spürte ich keine Schmerzen, obwohl ein Adler sehr scharfe Krallen hat. Plötzlich hörte ich Pferdehufen und der Adler schwang sich entsetzt wieder hinauf in die Lüfte....

Kurz darauf war ich wieder in der Oase und bemerkte erst jetzt, dass sich eine Bande von Gaunern unaufhaltsam meiner Oase näherte. Sie schienen mich noch nicht entdeckt zu haben, denn ihre Schwerter steckten in der Scheide. Ich hüpfte aus dem Wasser und zog mich hastig an. Gerade als ich zu meinem Pferd gehen wollte ertönte ein Ruf. "He, da vorne ist jemand! Komm den schnappen wir uns." Jetzt war es zu spät. Die Männer spornten ihre Pferde noch mehr an und kamen zu schnell heran. Ich zählt fünf Männer. Gegen ein oder zwei Männer hätte ich mich noch wehren können, gegen fünf konnte es jedoch schwierig werden. Die Männer hielten an und schwangen sich aus dem Sattel. Zwei der Männer zogen ihre Schwerter und kamen auf mich zu. Mein Schwert war zu weit hinten, so dass sie es nicht sehen konnten. Das war gut, den so konnte ich den Moment der Überraschung für mich nutzen. Während die noch dumm klotzen würde, würde ich mich auf mein Pferd schwingen und davon Galoppieren. "Sie mal an, wen haben wir den da? Eine kleine Wüstenblume. Ach wie nett. Na komm meine Kleine, wir werden dir schon nichts tun." Die beiden Männer kamen immer näher. Noch nicht, nein sie müssen noch näher kommen, dachte ich. Als sie keinen Schritt nah waren, bückte ich mich und zog mein Schwert, um ihnen die Sehnen durch zu schneiden. Die beiden Männer fielen zu Boden und die anderen Männer starrten nur verblüfft drein. Das war mein Moment. Ich schwang mich auf Gabria und gab ihr die Sporen. Die Männer hatten inzwischen ihre Fassung wieder gefunden und eilten zu ihren Pferden.

Es entstand eine wilde Verfolgungsjagd. Ich konnte nicht wieder ins Dorf reiten, denn so würde ich die Bewohner nur in Gefahr bringen. Also ritt ich weiter gen Süden und versuchte irgendwie die Verfolger abzuschütteln. Irgendwann hatten sie mich in eine Enge getrieben und ich war gezwungen abzusteigen und zu kämpfen. Die drei Männer stiegen ab und der scheinbare Anführer bedeutete seinen Kumpanen zurück zu bleiben. "Mit der kleinen Göre werde ich schon alleine fertig. Die anderen konnte sie nur besiegen, weil sie sich eines hinterlistigen Tricks bediente." Der Mann zog sein Schwert und kam langsam auf mich zu. Todesmutig zog auch ich mein Schwert und ging ihm entgegen. Eigentlich hatte ich gute Chancen, denn dieser Rüpel hatte keine Ahnung von Taktik. Der Mann war mittlerweile auf fünf Schritt heran gekommen. Mit einem wütenden Schrei hob er sein Schwert und stürmte auf mich zu. Er senkte sein Schwert herab und ich ging einen kleine Schritt nach hinten, so dass er mich verfehlte. Er sprang auf und stürmte erneut vor. Diesmal wich ich nicht aus, sondern parierte seinen Angriff. Er hieb mit aller Wucht und Ungenauigkeit auf mich ein. Ich parierte alle Schläge und vollführte eine halbe Umdrehung, in der ich mich, mit dem Rücken an seine Seite stellte und ihm mein Schwert in die Rippen rammte. Nach Luft schnappend ging er zu Boden und blieb dort leblos liegen. Seine beiden Kumpanen hatten das Schauspiel mit angesehen und stürmten beide mit erhobenen Schwertern auf mich zu. Ich duckte mich unter dem ersten weg und parierte den zweiten. Ich musste einsehen, dass ich mit einem Schwert alleine, nichts gegen die beiden ausrichten konnte. Also ging ich ein paar Schritte zur Seite, wo der leblose Körper des ersten Mannes lag. Ich parierte eben noch einen Schlag, bevor ich mich bückte und das Schwert des Toten aufhob. Ich sah gerade noch rechtzeitig, wie ein Schwert niederfuhr, um mir den Kopf abzuhacken. Ich machte einen schnellen Seitensprung, doch leider war der nicht schnell genug. Das Schwert streifte meine Backe und hinterließ einen blutigen Kratzer. Langsam wurde ich richtig wütend. Statt weiter brav defensiv zu bleiben, wechselte ich nun in die Offensive und die Männer konnten nichts weiter Tun; als meine Schläge zu parieren. Schweißperlen tropften mir auf die Nase und Blut rann mir den Hals herab. Nach einer Reihe endlosen Schlägen hatte ich genug. Ich war völlig außer Atem und zog mich zurück um Luft zu holen. Die Männer lachten und wollten gerade zu einem Angriff ansetzen, als sie hinter sich ein Wiehern hörten. Sie fuhren erschrocken herum und sahen, wie sich ein Reiter, mit gezogenem Schwert, auf sie zu bewegte. Die Männer flohen und ich wartete bis der Reiter vor mir anhielt und absattelte. Der Reiter entpuppte sich als ein Mann von gerade mal 21 Jahren. Er steckte sein Schwert in die Scheide und begrüßte mich. "Seid gegrüßt, edle Dame. Mein Name ist Mhemmet. Es sah so aus als könntet ihr Hilfe gebrauchen." "Nun, Mhemmet, mein Name ist Leandra und ich danke Euch für Euer Hilfe. In der Tat war diese von Nöten." "Na da bin ich ja noch rechtzeitig gekommen, doch sagt mir, was führt euch in diese missliche Lage?" Ich erzählte Mhemmet von meinem Ausflug in die Oase, beharrlich verschwieg ich jedoch, woher ich wirklich kam. "Nun, wenn Ihr wollt, begleite ich Euch zurück." Der Gedanke war nicht schlecht, dennoch wollte ich mir meine Schwäche nicht eingestehen. "Habt Dank für eure Großzügigkeit, aber ich denke ich werde es schon alleine schaffen." Wir verabschiedeten uns voneinander und ritten in jeweils die entgegengesetzte Richtung. Ich war müde und erschöpft und zu dem quälte mich eine innere Stimme. Übelkeit stieg in mir auf. Obwohl ich schon immer eine Kriegerin werden wollte, war es alles andere als schön, jemanden umzubringen, auch wenn es aus Notwehr geschah. Ich sah auf meine Hände nieder und musste unwillkürlich anfangen zu weinen. Meine Hände waren voller Blut, Blut von den Menschen, die ICH umgebracht hatte. Ich wollte mich einfach nur noch irgendwo verkriechen und nie wieder heraus kommen.

Endlich war das Dorf in Sicht und ich bekämpfte meine aufsteigenden Tränen, bis sie endlich versiegten. Bald war ich wieder an Mohamads Haus, wo Asaru bereits unruhig auf und ab schritt. Als er mich sah wurde seine Miene erst erleichtert und verzerrte sich dann zu einem Entsetzten. "Leandra, BEK sei Dank, du bist wieder da, aber sag was ist passiert und warum bist du voller Blut?" Ich sah gerade noch wie Aylene herauskam und einen entsetzten Schrei ausstieß, bevor ich in eine gnädige Ohnmacht fiel.

Leandra rutschte vom Sattel herunter und ich konnte sie gerade noch mit Mühe auffangen, bevor sie auf dem Boden auftraf. Aylene kam heran geeilt und sah besorg die blutverschmierte Leandra an. Ohne ein Wort drehte sie sich um und traf alle Vorbereitungen. Ich zog Leandra die schmutzigen Kleider aus und wickelte sie vorsichtig in ihr Bettlaken. Dann machte ich Aylene Platz, damit sie sich um ihre Wunde kümmern konnte. Ich selbst setzte mich auf die Pritsche und beobachtet von dort die geschäftige Aylene. Sie nahm einen feuchten Tuchfetzen und legte ihn auf die Wunde. Mit einem anderen nassen Tuch wischte sie das Gesicht sauber. Danach gingen wir runter, denn wir wollten Leandra erst einmal Ruhe gönnen, danach konnte sie uns immer noch erzählen was geschehen war. Unten an der Treppe warteten schon die vier Kinder und fragten angstvoll, was mit Leandra sei. "Ihr geht es nicht so gut. Macht euch keine Sorgen, meine Kinder, nach dem Schlaf geht es ihr bestimmt besser." Ich musste meine Zweifel herunter schlucken, den ich glaubte nicht, dass es ihr wirklich besser gehen würde. Ich wusste zwar nicht genau, was passiert war, aber so wie es aussah hatte sie einen Kampf hinter sich, in dem es wahrscheinlich auch Tote gegeben hatte. Zum einen war ich froh, dass Leandra nicht dazu gehörte, zum anderen wusste ich nur zu gut, wie es war, zum ersten Mal jemanden zu töten. Ich gesellt mich zu den Kindern die aufgeregt miteinander redeten. "Vielleicht hat sie einen Drachen getötet" rief Kayra aufgeregt. "Oder sie hat mit blutrünstigen Seeschlangen um den Tod gerungen" meinte Saruhan. Die Kinder waren so begeistert von ihren Geschichten, dass sie immer mehr Wesen erfanden gegen die Leandra gekämpft haben könnte. Das ganze ging solange bis Aylene ihre Kinder zu Bett schickte. "Ab ins Bett jetzt. Für heute habt ihr genug geredet." Enttäuscht aber gehorsam gingen die Kinder ins Bett und Aylene setzte sich zu mir. "Es war gut, dass du ihr dein Schwert mitgegeben hast. Wenn ich sie mir so ansehe, hat sie wirklich mit einer Seeschlange gekämpft." Wir fingen beide an zu lachen, doch eine Stimme ließ uns verstummen. "Nein, ich habe nur gegen eine kleine Bande von Gaunern gekämpft, keineswegs gegen eine Seeschlange." Wir blickten die Treppe hoch und sahen Leandra, wie sie auf wackeligen Beinen da stand. Ich stand auf, unschlüssig, was ich jetzt tun sollte. Leandra kam die Treppenstufen herunter und wäre beinnahe wieder hingefallen, hätte ich sie nicht rechtzeitig aufgefangen. Sie lehnte sich dankbar gegen meine Schulter und ließ sich von mir zu einem Kissen begleiten.

Lange Zeit saßen wir einfach schweigend da, während Leandra auf ihre, noch immer Blut verschmierten, Hände starrte. Aylene ging in die Küche und bereitete einen Tee. "Ich habe einen Mann getötet" sagte sie dann. "Es war grauenvoll. Ich war in der Oase schwimmen und bin eingeschlafen, bis ich von dem Geräuschen von Pferden geweckt wurde. Fünf Gauner kamen auf mich zu. Zuerst haben sie mich nicht bemerkt und ich konnte mich noch schnell anziehen. Als ich dann aber zu meinem Pferd gehen wollte, haben sie mich entdeckt. Zum Glück haben sie mein Schwert nicht gesehen. Zwei von ihnen kamen auf mich zu. Ich habe gewartet bis sie nahe genug waren und habe ihnen dann die Sehnen durchgeschnitten. Ich bin auf mein Pferd gestiegen und bin davon geritten. Die drei anderen haben mich verfolgt und in eine Enge getrieben. Zuerst musste ich mich nur mit einem herum schlagen. Als ich den getötet hatte, kamen die anderen beiden auf mich zu. Ich habe mir das Schwert des Toten genommen und habe gegen sie gekämpft. Doch sie waren zu zweit und zu stark. Zum Glück kam Mhemmet und die Gauner flohen. Es war so schrecklich." Leandra beendete ihren Bericht und fing an zu schluchzen. Ich legte ihr beruhigend einen Arm um die Schulter.

Lange Zeit saßen wir so da. Aylene kam mit dem Tee aus der Küche zurück und reichte jedem von uns eine Tasse. "Kind, sei froh, dass du noch lebst. Es waren Gauner und du hast nur um dein Leben gekämpft." "Ja ich weiß. Dennoch ist es so, so komisch. Ich habe mich richtig geekelt und mir war ganz übel." "Das ist normal. Diese Gefühle haben die meisten, wenn sie zum ersten mal jemanden umgebracht haben." Leandra nickte knapp, aber ich wusste, dass diese Wunden in ihrer Seele noch lange nicht verheilen würden. Aylene verabschiedete sich kurz und ging dann ins Bett. Leandra und ich saßen bis tief in die Nacht in einträchtigem Schweigen beieinander. Schließlich war Leandra eingeschlafen und ich hob sie behutsam hoch. Ich legte sie in ihr Bett und legte mich dann selbst schlafen.

In dieser Nacht hatte ich seltsame Träume. Ich sah die Gauner und wie ich sie abschlachtete, aber ich sah das ganze Geschehen irgendwie von oben aus. Ich sah auf sie herab und spürte wie ich sanft im Wind flog. Ich versuchte meine Arme zu bewegen, doch das einzige was ich wahrnahm war, dass Flügel schlugen. Ich wollte um Hilfe schreien, doch nur ein seltsamer Laut drang aus meiner Kehle. Ich sah wieder hinab und konnte sehen, wie ich gehässig lachend auf die bereits toten Männer einschlug. Wieder entfuhr mir dieser seltsame Schrei und ich versuchte davon zu rennen. Das Ergebnis war, dass ich immer höher empor stieg. Die Sonne war bereits unter gegangen und der Mond beschien die Welt mit seinem milchigen Licht. Sterne funkelten hell am Himmel und irgendwo ertönte ein ähnlicher Schrei wie meiner. Plötzlich waren fünf Adler um mich herum und weitere fünf kamen hinzu. Sie alle riefen meinen Namen. "Leandra. Leandra. Leandra. Leandra!" Mit einem Schrei war ich wieder in meinem Bett und blickte in das sorgenvolle Gesicht Asarus. "Leandra ist alles in Ordnung?" fragte Asaru besorgt. "Ja. Mir geht’s gut. Ich hatte nur so einen seltsamen Traum." Asaru nickte und setzte sich dann wieder auf seine Pritsche. Ich setzte mich auf und rieb mir meine schmerzenden Schläfen. Wieder stieg diese Übelkeit in mir auf. Ich unterdrückte sie und legte mich wieder hin. Ich seufzte noch einmal und schloss dann meine Augen. Ich wollte endlich schlafen. Ich war so müde....

Als ich das nächste Mal erwachte, schein die Sonne schon hell. Ich stand auf und ging hinunter. In der Küche stand bereits Aylene und bereitete das Frühstück vor. "Wo ist Asaru? Ich habe ihn nicht gesehen." "Er ist draußen auf dem Feld, er wollte unbedingt ein wenig arbeiten." "Dann werde ich ihm helfen gehen." "Das wirst du schön bleiben lassen. Er hat gesagt, du sollst dich noch ausruhen." Wider Willen musste ich gehorchen und setzte mich auf eines der Kissen. Die Kinder gesellten sich zu mir und fragten aufgeregt durcheinander. "Hast du wirklich gegen eine Seeschlange gekämpft?" "Oder hast du gegen einen wilden Räuber Häuptling gekämpft?" "Bestimmt hat sie einen Drachen getötet!" "Lasst Leandra endlich mit eurem Geschwätz in Ruhe." "Ach, Aylene lass sie doch. Sie sind doch noch Kinder." "Gut ich werde euch erzählen, was passiert ist." Ich begann also meine Geschichte, aber ich hatte vor ihnen ein kleines Märchen zu erzählen, denn alles war besser, als die Wahrheit. "Also ich war gerade unterwegs, als ich plötzlich..." Die Kinder lauschten meiner Geschichte mit Ehrfurcht. Als ich geendet hatte, fingen wir an zu lachen. Die Geschichte war viel zu komisch, als das sie wahr sein könnte. "Also doch die Seeschlange" triumphierte Nazika. Die Kinder unterhielten sich aufgeregt über die Geschichte. Ich musste lächeln und mir ging es schon viel besser. Das Grauen, dass mich die ganze Zeit schaudern ließ, ließ ein wenig nach und als ich aufsah, sah ich wie Asaru in der Tür stand und lächelte. Aylene rief zum Essen und so setzten wir uns an den Tisch und aßen. Nach dem Essen half ich Aylene beim abspülen. "Ich werde heute noch abreisen." "Ja ich habe es mir schon gedacht. Proviant steht da hinten auf dem Tisch." "Aber woher...?" "Asaru meinte, dass du wahrscheinlich lieber nach Hause möchtest und er hatte recht!" Aylene lächelte mich freundlich an und ich erwiderte ihr Lächeln. Auch wenn ich ehrlich gesagt noch lieber ein wenig hier bleiben wollte, um meinem Vater eins auszuwischen, quälte mich zunehmendst das Heimweh. Ich sehnte mich nach meiner Familie und vor allem nach meiner Schwester Helaja. Im Gegensatz zu ihr war ich sehr Temperament voll und ließ meinen Gefühlen freien Lauf. Sie hingegen blieb immer ruhig und wartete geduldig, bis ich mich wieder beruhigte. Eigentlich war sie so ziemlich das Gegenteil von mir..... "Leandra! Gehst du wirklich schon?" fragte Kayra leise. Ich kniete mich zu ihr hin und sah ihr tief in die grünen Augen. Eine Träne rann ihre Wange herab. Ich wischte sie weg und drückte sie fest an mich. "Ich gehe ja nicht für immer. Ich werde euch ganz bestimmt bald wieder besuchen." Kayra schniefte kurz und sagte dann "Du musst es mir Versprechen!". "Also gut. Ich verspreche es dir." Kayra blickte mich zufrieden an und wandte sich dann zu ihrer Mutter. Ich seufzte schwer und stand auf. Ich wollte noch einmal alleine sein, bevor ich mich auf den Weg machte. Ich verließ die Küche und ging in den Stall. Hier war ich meistens allein und hatte meine Ruhe. Ich setzte mich auf einen kleinen Strohhaufen und sah mich um. Ich war tatsächlich ganz alleine. Irgendwo da draußen hörte ich die Kinder spielen.

Das Erlebnis des vergangenen Tages lastete noch schwer auf meinem Magen. Immer wieder drohte mich diese Übelkeit zu übermannen. Ich lehnte mich an die Stallwand und schloss die Augen. Für einen Moment sah ich nichts, als die Schwärze, doch dann kamen die Bilder wieder. Doch diesmal war ich gefasst. Ich sah noch einmal die ganze Szene an mir vorbei fliegen und das Gefühl, etwas schreckliches getan zu haben, fiel allmählich von mir ab. Ich öffnete die Augen und stieß die angehaltene Luft aus. So lag ich lange Zeit da, tief in meinen Gedanken versunken. Erst als Asaru mich rief, erwachte ich aus meiner Starre und verdrängte alle Gedanken. Ich brauchte jetzt einen klaren Kopf und vor allem musste ich mich noch mit Asaru beraten. Schließlich konnte ich nicht einfach so mit Asaru im Schlepptau wieder nach Hause kommen. Ich sattelte mein Pferd und führte es aus dem Stall heraus.

Kapitel III

Der Heimweg war weites gehend ruhig, jedoch plagten mich fürchterliche Schuldgefühle. Ich hatte Menschen umgebracht und war einfach von zuhause abgehauen.

Vielleicht ist er nicht mehr böse. Vielleicht ist er sogar froh darüber, dass ich wieder da bin...

Ich wusste, dass er sicher sauer sein würde, aber ich hoffte. Ich musste schon wieder an den Traum denken. Es war so aufregend, so weit oben zu fliegen und durch die Lüfte zu schweben und doch war es auch erschreckend. Ich wünschte mir ich wüsste mehr. Asaru ritt schweigend neben mir her und beobachtet mich aus den Augenwinkeln, doch ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich es nicht mitbekam. Ein merkwürdiges, Übelkeit erregendes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Ich dachte es sei die Angst nach Hause zu gehen, doch ich ahnte nicht, dass es etwas ganz anderes war.

An einer kleinen Oase machten wir halt und schlugen unser Nachtlager auf. Ich entzündete ein Lagerfeuer und setzte mich, eng in meinen Umhang gewickelt, davor. Nach einiger Zeit hörte ich Hufgetrappel und stand augenblicklich auf, meine Hand am Schwertgriff, bereit es zu ziehen. Asaru bedeutete mir zurück zu bleiben und ging in die Nacht hinaus, auf das lauter werdende Geräusch zu. Zum einen hatte ich noch immer dieses Seltsame Gefühl im Bauch, zum anderen wollte ich Asaru nicht alleine gehen lassen. Also zog ich leise mein Schwert und schlich auf leisen Sohlen Asaru`s Gestalt, die nur noch ein Schemen war, hinterher. Schon nach kurzem Fußmarsch hatten wir einen kleine Gruppe von Palmen erreicht hinter denen das Geräusch verstummt war. Asaru ging zielstrebig auf diese Gruppe zu und verschwand hinter ihr. Ich versteckte mich hinter einer Palme und lauschte.

Der Mann der auf einem Pferd gekommen war, war hoch gewachsen und hinter einem schwarzen Turban verbarg sich sein Gesicht. Er sprang aufgeregt vom Pferd und brauchte ein paar Minuten um sich zu erholen. Er war anscheinend schnell geritten und war jetzt außer Puste. Asaru steckte sein Schwert wieder in die Scheide. Allem Anschein nach kannte er den Mann, denn endlich schien der Mann sich erholt zu haben und begrüßte Asaru hastig.

"Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich sagte doch ich werde mich bei euch melden und nicht anders herum!", blaffte Asaru den Mann an. Der Mann schien sich nicht beirren zu lassen und sagte:" Ich weiß. Verzeiht mir, aber ich konnte nicht länger auf euch warten. Es ist etwas passiert. Ich..." "Sei still! Nicht so laut. Die Tochter des Sultans ist hier in der Nähe und sie hat eine außergewöhnlich neugierige Nase. Also was gibt es so wichtiges?", unterbrach ihn Asaru.

Die Männer senkten ihre Stimmen, sodass ich nichts mehr verstand, aber das war nicht mehr nötig. Meine Gefühle machten mich taub. In meinem Kopf drehte sich alles und mein Magen kapitulierte. Ich unterdrückte einen Brechreiz und lief leise zurück zum Lager. Das ungute Gefühl in meinem Magen wurde mit jedem Schritt größer und ich drohte in Panik zu verfallen. Als ich unser Lager erreichte suchte ich hastig meine Sachen zusammen und sattelte mein Pferd. Ich hatte das Gefühl, als würde Asaru heimlich etwas planen, leider nichts gutes. Ich wollte gerade aufsteigen, als mein Blick auf meinen Gürtel fiel. Ich trug noch immer Asaru`s Schwert. Ich wollte es nicht länger haben, denn dort hing Blut dran und ich hatte das Gefühl, dass es nicht nur das der Gauner war, die ich umgebracht hatte. Das Schwert fiel zu Boden und ich gab dem Pferd die Sporen.

Nach einem verzweifelten Gewaltritt ließ ich mein Pferd in einen leichten Trab fallen und versuchte mich zu beruhigen. Es ist alles gar nicht so, wie du denkst. Es ist bestimmt nur ein Missverständnis. Asaru würde nie etwas illegales tun. Er ist bestimmt nur in einer Organisierung gegen Räuber oder etwas ähnliches....

So sehr ich mir auch wünschte, dass ich Unrecht habe, wusste ich, das ich Recht hatte. Was hatte er denn zu befürchten, wenn alles legal wäre? Wieso sollte er so eine Geheimnis Tuerei daraus machen? Ich war verzweifelt und den Tränen nahe. Ich wünschte mir sehnlichst, einfach zuhause in meinem Zimmer zu sitzen und in einem der alten Folianten unserer Bücherei zu lesen....

Ich war schon viele stunden geritten und langsam hob die Sonne ihr strahlendes Haupt. Die Wolken waren in ein tiefes purpur getaucht und der dunkle Sternenhimmel verblasste allmählich. Die Nacht wurde zum Tag. Der gestrige Abend saß mir noch tief in den Knochen und die Angst, nach Hause zu kommen wurde immer größer. Was würde mich erwarten? Ein vor Wut schäumender Vater? Eine zu tiefst enttäuschte Mutter? Eine nörgelnde Schwester? Ein mitfühlender Bruder? Ich war müde und mein Gesäß tat vom langen Reiten entsetzlich weh. Ich wollte einfach nur noch in mein Bett und schlafen....

Da war aber noch Asaru. Ich war so übereilt aufgebrochen, dass ich sicherlich einen schrecklichen Lärm gemacht hatte und mein Aufbruch war gewiss nicht unentdeckt geblieben. Wahrscheinlich war mir Asaru bereits auf den Fersen. Vor mir ragten die kleinen Hütten am Rande der Stadt empor. Nicht mehr lange und ich war endlich zu Hause....

Vor mir kam eine Truppe von vier berittenen Männern entgegen. Einen davon erkannte ich gleich, als den führenden Offizier meines Vaters. Ich hielt mein Pferd an und die Truppe, tat es mir gleich. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie auf der Suche nach mir waren. Der Offizier stieg ab und kam neben mich geeilt. "BEK sei Dank! Wir haben Euch endlich gefunden. Euer Vater wird heil froh sein Euch...", bevor er seinen Satz beenden konnte fiel ich von meinem Pferd direkt in seine Arme und versank in einer dankbaren Ohnmacht.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich, umgezogen und frisch, in meinem Bett. Ich hörte, wie sich leise jemand unterhielt. Die eine Stimme klang nach meiner besorgten Mutter, die andere konnte ich jedoch im Moment nicht einordnen. Ich öffnete meine Augen und starrte an meine Zimmerdecke. Anscheinend hatte noch niemand gemerkt, dass ich schon wach war denn die Stimmen waren nicht verstummt. Als ich mich jedoch versuchte auf zu richten, verstummten die Stimmen abrupt und ich sank mit einem Stöhnen wieder in meinen weichen Kopfkissen. Sofort erschien das besorgt aussehende Gesicht meiner Mutter über mir. Sie sagte leise und beruhigend: "Lass nur Kind. Ruh dich erst einmal aus und schlaf noch ein bisschen. Das tut dir bestimmt gut." "Es tut mir so unendlich...", versuchte ich anzusetzen, verstummte aber sofort, als ein stechender Schmerz meinen Kopf durchzuckte. "Ist schon in Ordnung. Ruh dich erst mal aus und dann können wir immer noch reden. Dankbar schloss ich wieder die Augen und versuchte ein wenig zu schlafen. Meine Mutter tuschelte leise und sprach einen leisen Befehl. Danach küsste sie mir die Stirn und ich hörte nur noch, wie sie die Tür hinter sich schloss. Ein verirrter Sonnenstrahl kitzelte meine Backe und ich sah aus dem Fenster. Draußen senkte sich gerade die Sonne und der Mond stieg langsam auf. Ich musste den ganzen Tag verschlafen haben...

Als ich das nächste Mal erwachte, war es schon später Abend. Ich setzte mich vorsichtig auf und sah mich im Zimmer um. An meiner Bettkante schlief Helaja. Sie musste den ganzen Tag neben mir gesessen haben und nun war sie eingeschlafen. Ich fühlte mich seit langem wieder richtig ausgeschlafen und hatte einen Bärenhunger. Ich schlug vorsichtig meine Bettdecke auf und stieg aus dem Bett. Ich schlich so leise es ging zu Tür und trat aus dem meinem Zimmer. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, fiel mir auf, dass ich nur ein einfaches Nachthemd trug. Ich zuckte die Achseln und ging leisen Fußes hinab in die Küche. Dort angekommen suchte ich mir ein Laib Brot und ein wenig Speck und aß ihn gleich dort. Danach nahm ich mir noch eine Becher mit Wasser und ging wieder hoch. Als ich an den Gemächern meiner Eltern vorbei kam, hielt ich an und lauschte angestrengt. Leise Stimmen drangen durch die Tür an mein Ohr. Ich ging einen Schritt näher heran um besser verstehen zu können.

"So geht es einfach nicht weiter! Diese Kind macht mich noch verrückt. Erst ist sie Tage lang verschwunden und taucht dann urplötzlich, halb tot wieder auf. Was sollen wir bloß tun? Ich weiß einfach nicht mehr was ich noch tun kann!", beschwerte sich offensichtlich mein Vater. Die Frau die jetzt sprach, war unverkennbar meine Mutter. Ihre Stimme klang besorgt, aber auch beruhigend. "Liebster, ich weiß es ist nicht einfach mit ihr, aber du weißt, dass sie viel lieber eine Kriegerin werden will. Lass sie sich erst mal an den Gedanken gewöhnen, dass sie eine Frau wird. Vielleicht, wenn du erst einmal den richtigen Mann für sie gefunden hast und sie sich mit ihm arrangiert, kannst du ihm ihre Erziehung überlassen." "Das wird gewiss nicht einfach, du weißt was sie vom Heiraten hält." "Such einen geeigneten Mann, lass ihn hier an den Hof kommen und ihn einfach machen. Wenn sie weiß, dass dieser Mann ihr Ehemann werden soll wird sie sich gewiss weigern und dann kannst du gleich wieder alles vergessen." Ich unterdrückte einen Fluch und versuchte weiterhin mich ruhig zu verhalten. Dieses Gespräch war offenbar sehr wichtig, weil sie es zu so später Stunde führten. Ich traute meinen Ohren nicht, denn was meine Mutter da vorschlug, war nicht nur hinterlistig sondern einfach absurd. Niemals würde ich irgendeinen Mann heiraten nicht jetzt und auch nicht dann....

Ich lauschte wieder denn mein Vater räusperte sich gerade. "Ja, ich glaube das wäre das beste, aber diesen Mann von dem du sprichst den gibt es nicht. Niemand hat es auch nur länger als eine Wochen versucht und ist dann heilfroh von unserem Gut verschwunden. Niemand kommt gegen ihre Manieren an und niemand vermag es ihr Benehmen beizubringen. Sie ist so stur und dickköpfig...." Meine Mutter lachte leise und sprach dann: "Sie ist genauso wie du. dickköpfig und stur. Manchmal glaube ich ernsthaft sie ist gar nicht meine Tochter...." Mein Vater war sichtlich empört den er wollte gerade ansetzen und sich verteidigen, als ihn meine Mutter unterbrach: "Ist schon gut. Ich bin müde. Lass uns jetzt schlafen und alles noch einmal über denken. Morgen können wir sicherlich mit Leandra reden und dann wissen wir auch, wieso sie so krank war."

Das war`s. Mehr musste ich gar nicht hören. Ich schlich mich leise in mein Zimmer und warf mich wütend aufs Bett, ohne an die schlafende Helaja zu denken. Helaja schreckte auf und sah mich verwirrt an. "Du bist schon wach? Wo warst du und wieso ...?" Ich war nicht sauer auf Helaja aber im Moment wollte ich lieber nicht mit ihr reden. Wortlos legte ich mich in mein Bett und schloss die Augen. Helaja verließ mein Zimmer und ich war allein.

Die ganze Nacht über konnte ich nicht schlafen und als es Morgen wurde war ich so schlecht gelaunt wie immer. Ausgerechnet heute sollte ich mit meinem Vater reden und ihm alles erklären. Mit meiner Laune konnte ich mir genau so gut selbst Hausarrest erteilen. Ich stand auf und machte mich ein wenig zurrecht. Ich ging hinunter in die Küche, wo Omar schon eifrig den Kochlöffel schwang und Helaja ihr half. Omar blickte auf und hielt inne. "Leandra du bist schon wach! Das ist aber schön. Wie geht es dir? Setz dich doch schon mal an den Tisch das Frühstück ist gleich fertig. Ohne zu antworten nahm ich mir einen Stapel Teller und ging damit zum Tisch, um ihn zu decken. Zwei verduzte Gesichter sahen mir nach. Normalerweise sträubte ich mich den Tisch zu decken, aber heute hatte ich irgendwie das Bedürfnis genau das zu tun. Niemand machte sich die Mühe mir hinter her zu laufen und mir die Teller abzunehmen, den sie wussten, dass ich, wenn ich schlechte Laune hatte, nicht sehr erfreut darüber gewesen wäre.

Als endlich alle am Tisch saßen und sich jeder eifrig erkundigt hatte, dass es mir auch gut ging frühstückten wir endlich. Besonders großen Hunger hatte ich nicht und meine Mutter machte sich natürlich deshalb Sorgen. Nachdem ich ihr versichert hatte, dass es mir wirklich gut ginge, half ich beim Abwasch, was ich normalerweise nie tat. Dann kam die Stunde der Wahrheit. Mein Vater ließ mich in sein Zimmer rufen. Ich überlegte mir verzweifelt eine Erklärung, aber mir wollte einfach nichts einfallen. Dort angekommen bat mich mein Vater mich hinzusetzen. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.

"Nun, da es dir endlich wieder besser geht, "setzte er an, "würde ich gerne wissen, wo du warst und warum du halb tot wieder nach hause gekommen bist." Etwas in seinem Tonfall mahnte mich dazu, nicht allzu patzig zu antworten. "Nun ich brauchte ein paar Tage Urlaub."

Das war zwar alles anderes als klug, dennoch fiel mir nichts besseres ein. "Achso. Da es dir gerade gepasst hat, dachtest du, du verschwindest einfach mal ein paar Tage und tauchst dann wieder auf." "Ja.", war das einzige was mir darauf einfiel. Mein Vater verzog sein Gesicht zu einem verkrampften Lächeln. "Nun, da du uns nicht erzählen willst wo du warst und warum, schätze ich, dir würde ein bisschen Urlaub sicher nicht schaden. Deshalb habe ich mit deinem Onkel gesprochen. Er wäre bereit dich bei ihm aufzunehmen und für deine weitere Erziehung zu sorgen. Er meint, es gäbe bei ihm ein paar sehr gute und Verantwortungsvolle Männer, die sehr begeistert wären, dich zu unterrichten und..." Weiter kam mein Vater nicht. Meine Mutter war anscheinend nicht in diesen Plan eingeweiht und rief empört: "Das kannst du nicht tun! Es ist unsere Tochter und ich will nicht, dass sie irgendwo von irgendwelchen Leuten erzogen wird!" Meine Mutter war rot vor Zorn und ihr Brustkorb bebte. Nun verlor mein Vater die Geduld und stand auf. Mit hochroten Kopf sagte er zu meiner Mutter, mit nicht weniger Zorn in der Stimme: "Sie ist immerhin auch meine Tochter und da sie sich hier anscheinend nichts beigebracht bekommt und ich immer noch der Mann hier im Haus bin, habe ich zu bestimmen, was das Beste für sie ist." Meine Stimmung hob sich, angesichts des Schauspiels, dass mir gerade geboten wurde. Jedoch hielt sie nicht allzu lange, da mein Vater meine Mutter mit einer harschen Handbewegung zum Schweigen brachte. Er wandte sich wieder mir zu und sprach: "Genieße deine letzten drei Tage hier. Am vierten Tag bei Sonnenaufgang wird dich eine Eskorte zu einer Karawane bringen, der du dich für den Rest deiner Reise anschließen wirst. Glaube ja nicht, du könntest noch einmal entkommen. Ab sofort wirst du bewacht und ich werde Asaru damit beauftragen dich sicher bei meinem Bruder abzugeben. Dort wirst du bleiben, bis du deine Erziehung abgeschlossen hast und falls du willst kannst du dann wieder zu uns zurückkehren." Mit diesen Worten endete mein Vater und meine Mutter kam mit Tränen befeuchtetem Gesicht zu mir und umarmte mich. "Es tut mir leid. Ich wusste nichts von diesem Vorhaben. Ich hätte es versucht zu ändern." Ihre Worte trösteten mich und dennoch war ich Traurig und Wütend zugleich. Noch dazu kam, dass ich Angst hatte. Ich würde meine ganze Reise mit Asaru verbringen, dieser Gedanke gefror mir das Blut in den Adern. Ich hoffte nur er hatte diesen Zwischenfall längst vergessen......

Die nächsten drei Tage waren eine einzige Qual für mich. Überall um mich herum wurden Vorbereitungen für meine Abreise getroffen und die Angst stieg immer weiter, wie näher der Tag rückte. Ich nutze die Tage um mich von meinen Geschwistern zu verabschieden. Ich half hier und dort, um mich von meinen Gedanken, darüber wie es werden würde, abzulenken. Omar war sehr betrübt, denn, auch wenn sie es nicht zu geben wollte, hatte sie mich sehr ins Herz geschlossen. Mit meinem Vater redete ich gar nicht, dafür mit meiner Mutter um so mehr. Sie war unendlich traurig und jedes Mal brach sie in Tränen aus wenn sie mir begegnete. Ich hielt mich von Asaru fern so gut es ging. Eigentlich war ich froh endlich mal aus diesem Irrenhaus raus zu kommen, aber wer wusste schon, was mich erwarten würde. Strenge Lehrer, anstrengender Unterricht und vor allem, dabei musste ich grinsen, konnte ich endlich eine Kriegerin werden, wie ich es immer wollte. Nun, so gesehen tat mir mein Vater einen Gefallen.

Am Abend des zweiten Tages, vor meiner Abreise, veranstaltete mein Vater ein kleines Familienfest, um uns alle zu versöhnen. Natürlich wollte ich nichts davon hören, denn ich würde meinem Vater nie verzeihen. Dennoch entschied ich mich hinzugehen, da ich noch einmal meine ganze Familie um mich haben wollte. Schließlich würde ich sie für eine unbestimmte Zeit nicht wieder sehen. Ich machte mich ein wenig zurecht und zog mein schönstes Gewand an. Mit klopfendem Herzen machte ich mich auf den Weg in den Speisesaal. Als ich eintrat war der Speisesaal leer. Ich war die erste und konnte mich auf das vorbereiten, was ich vorhatte....

Ich ging einmal um den ganzen Tisch herum und setzte mich an meinen Platz nieder. Der Tisch war mit unserem besten Geschirr gedeckt, das eigentlich dafür bestimmt war, wenn hoher Besuch kam. Mein Vater hatte sich sichtlich Mühe gegeben diesen Abend als etwas besonderes zu gestalten. Der Abend war noch nicht sehr weit fortgeschritten, dennoch wurde es langsam dunkel und ich entzündete die Kerzen. Ich widmete mich ganz meinen Gedanken und den Überlegungen, wie ich doch noch vor meinem Vater entkommen konnte. Ich war nur jetzt alleine, weil ich mich durch mein Fenster ins Nächste Zimmer geschlichen hatte und die Wache vor meiner Tür nichts mit bekommen hatte. Jedoch hatten sie bestimmt schon nachgesehen und suchten mich vermutlich auf dem ganzen Hof. Bei diesem Gedanken musste ich laut auflachen, niemand würde auf die Idee kommen mich hier zu suchen. Ein Räuspern ließ mich abrupt verstummen und ich drehte mich erschrocken um. Der Anblick der sich mir bot, stockte mir den Atem und ließ mich in Bewunderung schwelgen, gleichzeitig jedoch gefror mir mein Blut in den Adern. Vor mir stand Asaru in einem vornehmen Gewand und lächelte mich an. Er setzte sich neben mich und sagte: "Nun, wie ich sehe, hast du wieder ein mal die Wachen deines Vaters aus getrickst. Es wundert mich jedoch, dass du nicht schon längst über alle Berge bist und statt dessen noch hier sitzt." Ich war ziemlich verärgert. Zum einen machte es mich wütend, weil er glaubte ich könne nur davon laufen und zum anderen hatte er sich einfach an mich herangeschlichen und mich zu Tode erschreckt. Ich sah voller Wut zu ihm auf und sagte: "Du hast keine Ahnung, was ich alles kann, aber du denkst ich würde immer weglaufen. Nein. Diesmal nicht. Ich werde allen beweisen was in mir steckt und allen voran meinem Vater. Du wirst dich noch wundern und glaube mir, ich werde dafür sorgen, dass alles raus kommt, was du planst. Ich weiß genau, dass du irgendetwas verbotenes planst." Entsetzt hielt ich mir die Hand vor den Mund. Vor lauter Wut hatte ich mich nicht beherrschen können und hatte mich selbst verraten. Asarus Gesicht war ausdruckslos geworden und sein Lächeln war verschwunden. Er Packte mich unsanft im Nacken und kam mir mit seinem Gesicht bedrohlich nah. "Lass mich los oder ich schreie!" Das hätte ich wohl lieber nicht sagen sollen, denn plötzlich spürte ich etwas kaltes und scharfes an meinem Hals. Er grinste mich böse an. "Entweder du hältst jetzt deinen Mund und hörst zu oder aber du bist schneller tot, als dir lieb ist." Diese Drohung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich war stumm, hatte Angst und er grinste weiterhin böse. "So ist`s Recht. Ich hoffe du merkst dir folgendes sehr gut. Das was du da gehört hast, geht niemanden was an. Solltest du auf den Gedanken kommen mir hinter her zu schnüffeln und ich sollte dich dabei erwischen, dann werde ich dich umbringen. Eigentlich würde ich das ja jetzt schon gerne tun, aber ich brauche diesen Job hier am Hof und da kann ich nicht mal eben die kleine Tochter des Sultans umlegen." Nun war meine Neugier entfacht. Er glaubte wohl, dass ich wusste, was die beiden besprochen hatten. Ich wusste, dass er mich nicht hier umbringen würde und das gab mir ein wenig Mut. "Ich werde meinem Vater von eurem Vorhaben berichten und dann wirst du es sein der Tod ist!" Asaru drückte das Messer fester an meinen Hals und ich spürte wie mir Blut den Hals herab floss. "Du kleines...", setzte er an brach dann aber ab und fing an zu lachen. "Du glaubst allen Ernstes, dass dir dein Vater glauben wird, dass ICH ihn umbringen will? Mal ehrlich..." "Aha! Das hast du also vor. " Nun hatte ich ihn da wo ich ihn haben wollte. Er machte ein verwirrtes Gesicht und stammelte: "D-du wusstest n-nicht, was ich vorhatte?" "Nö. Aber jetzt weiß ich es ja und werde es verhindern." Nun wurde Asaru wieder großspurig. "Als ob du, kleines Gör mich davon abhalten könntest." Er hatte schon Recht. Niemand würde mir glauben und ich war ihm nicht gewachsen, aber entweder wollte ich gleich sterben oder bei dem Versuch meinen Vater zu retten. Nur wusste ich noch nicht genau wie. Er war eingebildet und hielt sich für den größten Kämpfer aller Zeiten... Das war meine Chance! Er würde niemals eine Herausforderung ablehnen und das war seine Schwäche. "Also was hältst du von einem Kampf Mann gegen ...ähm... Frau. Nur du und ich?" "Also wirklich niemals. Du hast nicht die geringste Chance gegen mich." Setzte er lachend an aber mein entschlossener Gesichtsausdruck ließ ihn verstummen. Jetzt fehlte nicht mehr viel und ich hatte ihn überredet. "Hast du vielleicht Angst, ich könnte dich besiegen?" Dieser Schlag saß. Nun wurde er wütend und sein Stolz verbot es ihm nein zu sagen. "Also gut. Was schlägst du vor?" "Nun, wie ich bereits erwähnte, handelt es sich um einen Kampf Mann gegen Frau. Ein Kampf auf Leben und Tod. Ähm... sagen wir nach dem Fest ...äh... wenn der Mond am höchsten steht. Was den Platz angeht, da kenne ich mich nicht so aus. Ich schlage vor du suchst ihn aus. Wir treffen uns am Pferdestall."

Kaum hatte ich diese Worte gesprochen, steckte er sein Messer wieder ein und wischte mir das Blut vom Hals. Was ich mit der Wunde machen sollte wusste ich nicht. Sie war so offensichtlich wie ein Frosch in der Wüste. Asaru schien denselben Gedanken zu haben, denn er wickelte mir schnell seinen Schal um, als schon die ersten eintrafen. Als erstes betrat Helaja den Saal und sah uns verwundert an. Sie nahm neben mir Platz, wo Asaru bis eben noch gesessen hatte. Allmählich kamen auch die anderen und als dann meine Mutter eintrat waren wir fast komplett. Nur mein Vater fehlte noch, aber das war mal wieder typisch er. Er wollte immer der Letzte sein, um so einen großen Auftritt zu haben. Eigentlich hatte ich vor, nicht mit ihm zu reden, aber da ich versuchen musste unbemerkt hinaus zu kommen, musste ich unbedingt die Wachen loswerden. Also war ich so lieb ich nur irgendwie konnte und versicherte ihm, dass ich seine Entscheidung akzeptierte und das ich mich schon auf den Tag freute, an dem ich wieder Heim kehren durfte. Er war so Stolz auf mich, dass er meine Wachen abzog und mich unbewacht in mein Zimmer ließ. Schließlich war das Fest zuende und alle gingen in ihre Gemächer. Als ich endlich dort war, waren es noch ungefähr zwei Stunden, bis der Mond an höchster Stelle stand. Ich legte mir meine Garderobe für später zurecht und zog mein Nachtgewand an. Meine Garderobe bestand aus einer leichten Hose, einer dunkelbraunen Tunika und einem Schwarzen Mantel. Nun hatte ich nur noch ein Problem: Ich hatte kein Schwert. Es klopfte und ich verbarg meine Sachen unter meinem Bett, bevor ich denjenigen einließ.

Vor mir stand mein Vater und sah ein wenig beschämt zu Boden. Er räusperte sich und sagte: "Da du ja Morgen gehen wirst und ich dich kenne, wirst du den Pfad eines Kriegers antreten. Auch wenn ich nicht begeistert bin, kann ich nichts mehr daran ändern. Deshalb möchte ich dich wenigstens nicht ganz ungeschützt und unvorbereitet ziehen lassen. Dies hier ist ein Geschenk." Er trat vor und überreichte mir ein Schwert. Die Scheide war aus feinstem Leder und das Schwert selbst aus dem besten Stahl, den es zurzeit auf dem Markt gab. "Gefertigt von Zwergenhand und aus den besten Materialien", kommentierte mein Vater. Es war ein einfacher Einhänder und wie geschaffen für mich. Der Griff war in ein dunkel - blaues Leder gebunden. Ich war einfach sprachlos. "Vater, das ist.... wirklich einfach unglaublich... ich danke dir...." "Nicht der Rede wert. Ich hoffe nur, dass du es nie gebrauchen musst und das dir nichts passiert..." Wie Unrecht er doch hatte. Es würde sogar noch heute Abend zum Einsatz kommen. Ich umarmte ihn und gab ihm einen Kuss auf seine Wange. Wortlos verließ er das Zimmer und ich war endlich wieder allein. Ich kramte gerade meine Sachen unter dem Bett hervor, als sich die Tür öffnete und Helaja eintrat. Erschrocken ließ ich die Kleider fallen und versuchte sie wieder unters Bett zu verfrachten. Vergebens. "Lass nur gut sein. Ich wusste eh schon, dass du heut Abend irgendwas vorhast. Willst du wieder abhauen? Dann kannst du aber nie wieder hier her zurückkehren." In ihrer Stimme lag Trauer und Bestürzung zugleich. Ich Lächelte und versuchte sie aufzumuntern: "Nein, nein. Keine Angst. Ich werde nicht wieder davonlaufen. Versprochen. Aber ich habe noch etwas...ähhm..... zu erledigen, bevor ich euch verlasse." Ich hätte Helaja liebend gern erzählt, was ich vorhatte und was Asaru vorhatte, aber ich konnte nicht. Sie war schon seit einiger Zeit in Asaru verknallt und wollte ihn sogar heiraten. Sie hätte mir nicht geglaubt. "Leandra. Du musst es mir sagen. Ich sehe in deinen Augen ein Flehen nach Vergebung gegenüber mir, aber ich kann nicht verstehen warum. Ich weiß, dass du mir etwas verheimlichst und ich weiß, dass es mit Asaru zu tun hat." Verdammt. Wieso ich auch nie etwas vor meiner Schwester verheimlichen konnte. "Also gut." ,begann ich, "Ich will versuchen es dir zu erklären. Es klingt verrückt, aber du musst mir einfach glauben." Ich erzählte ihr von meinem kleinen Ausflug und das Asaru mir den Schwertkampf beigebracht hatte. Ich erzählte von den Gaunern und unserer Heimkehr, wo ich ihn belauscht hatte. Von dem Treffen im Speisesaal und seiner Drohung. Ich endete meinen Satz mir diesen Worten: "Jetzt weißt du, warum ich gehen muss. Ich muss ihn einfach davon abhalten." Helaja war still und sah zum Fenster hinaus. Lange sagte sie nichts. Schließ drehte sie sich mit einem Seufzen um und sagte: "Es fällt mir wirklich schwer, das zu glauben. Er hat mir doch versprochen, wenn ich älter bin, dass er mich heiratet." "Ja natürlich! Damit er selber dann Sultan werden kann, wenn Vater aus dem Weg geräumt ist. Wenn du es mir nicht glauben willst, dann musst du es eben selber hören. Du versteckst dich im Stall und ich quetsche alles aus ihm raus. Ok?" Helaja überlegte. Man konnte deutlich sehen, dass sie mit sich rang. "Also gut."

Sie verschwand aus meinem Zimmer und ich machte mich fertig. Mittlerweile dürften meine Eltern schlafen. Auf leisen Sohlen schlich ich zum Stall, wo Asaru bereits mit meinem Pferd und dem seinen wartete. "Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr." "Ich werde doch nicht vor meiner eigenen Herausforderung wegrennen." Ich musste mir schleunigst überlegen, wie ich die Informationen, die Helaja hören wollte, aus ihm herausbekam. Aber das war nicht schwer. Er war sicherlich so sehr von ich überzeugt, dass er dachte er würde als Sieger zurück kommen. Also machte ich mir seinen Stolz zum Vorteil. "Was hast du vor, wenn du mich besiegt hast?" "Ha. Einen gute Frage. Eigentlich hatte ich vor, dir den Hof zu machen. Leider geht das ja nicht mehr. Zum Glück hast du ja noch eine Schwester, die hat wenigstens auch Fähigkeiten in der Küche." "Also willst du selbst zum Sultan werden?" "Ja." "Aber du hast meinen Bruder, den rechtmäßigen Erben des Throns, vergessen." "Mach dir mal da keine Sorgen. Ich wollte dich ja nicht ganz ohne Familie wegschicken." "Du willst auch ihn umbringen?" Entsetzt starrte ich in Asarus selbstgefällig grinsendes Gesicht. Wenn er das wirklich vorhatte, durfte ich einfach nicht verlieren. Nicht nur das Leben meines Vaters, sondern auch das meines Bruders hingen davon ab. Meinen Entschlossenheit wuchs. Ich würde heute einfach nicht verlieren. Es hing einfach zu viel davon ab. "Drei Tode in einer Familie wird nicht gerade unentdeckt bleiben. Man wird alles und jeden verdächtigen." "Ach was. Unfälle passieren nun halt mal. Irgendeinen dummen wird es schon geben, der dafür verurteilt wird. Außerdem vergisst du, dass ich eine ganze Organisation hinter mir habe." "Was für eine Organisation?" Sollte ich wirklich heute sterben, dann musste wenigstens Helaja diese Verschwörung aufdecken und meinen Vater und Bruder in Sicherheit bringen. Ihr würde man glauben. "Die Organisation nennt sich "Die Rächer des Todes"." "Oh. Ein äußerst origineller Name. Aber wieso gerade er? Ich meine was hat er für einen Bedeutung? Rächer des Todes?" "Natürlich kannst DU so etwas nicht wissen. Du bist verwöhnt und musst dich nicht mit dem Strapazen des einfachen Lebens quälen. Aber wenn du auch nur einmal hinaus auf die Straße blicken würdest, könntest du sehen, wie sehr die Menschen leiden. Viele Menschen müssen sterben, weil sie sich, bei all den Steuern, nicht ernähren können. Deshalb Rächer des Todes. Jetzt haben wir aber genug gesagt. Lass es uns endlich hinter uns bringen."

Mit diesen Worten bestieg er sein Pferd und gab ihm die Sporen. Ich beeilte mich und tat es ihm gleich. Ein letztes Mal sah ich zurück und sah, wie Helaja gerade aus dem Stall trat und mir nach winkte. Tränen stiegen mir in die Augen, denn, ob ich es wollte oder nicht, konnte ich einfach den Gedanken nicht abschütteln , dass ich heute sterben könnte. Doch als ich an Helaja, Vater und meinen Bruder dachte, wuchs meine Entschlossenheit mehr und mehr. Ich wollte meine Familie beschützten und niemand durfte ihr weh tun. Ich folgte Asarus Pferd und allmählich ließen wir den Palast und die Stadt hinter uns. Asaru hatte eine abgelegene Oase ausgewählt. Sie war weit genug von der Stadt entfernt und zu dieser späten Stunde würde gewiss niemand mehr hier vorbei kommen. Wir stiegen ab und zogen unsere Mäntel aus, gingen in Kampfposition und zogen unsere Schwerter....

Helaja war entschlossen und wütend. Niemals hätte sie gedacht, dass er wirklich so hinterlistig war. Ihre Schwester hatte ihr die Augen geöffnet und wollte jetzt den Preis dafür zahlen, dass ihr Vater so blind war. Sie würde für ihre Familie sterben...und das konnte Helaja nicht zu lassen. Sie rannte in die Waffenkammer und sah sich um. Überall lagen Schwerter, Lanzen und Schilder herum. Mit so etwas konnte sie nicht umgehen, aber... Jetzt sah sie endlich, was sie gesucht hatte. Einen Bogen! Niemand traute ihr zu, sich mit so etwas auszukennen, aber sie hatte sich immer wieder heimlich einen gestohlen und hatte gelernt mit ihm umzugehen. Sie würde ihrer Schwester beistehen und gemeinsam konnten sie vielleicht etwas gegen Asaru ausrichten. Eigentlich wollte sie ihrer Schwester nicht helfen, denn sie würde es nicht billigen. Sie hatte Asaru nun mal zu einem fairen Mann gegen Mann Kampf herausgefordert. Sie würde auch ganz bestimmt nur im Notfall eingreifen. Sie schnappte sich Den Bogen und einen vollen Köcher und rannte zurück zum Stall. Es war dunkel und auf einem Pferd könnte sie den Spuren nicht folgen, also entschied sie sich für eine Fackel und lief los. Zum Glück hatte sie im Laufe der Jahre Erfahrungen sammeln können, wie man Spuren findet und folgt. Ihre Schwester war oft einfach weggeschlichen, hatte aber nie an ihre Spuren gedacht und so war es für Helaja immer ein Leichtes gewesen sie zu finden. Bei dem Gedanken an Leandra lief es ihr kalt den Rücken runter und Tränen rannen ihr übers Gesicht. Nein, sagte sie sich. Sie wollte ihre Schwester nicht einfach aufgeben. Sie musste einfach nur lange genug aushalten, bis sie selbst da war. Entschlossen wischte sie sich die Tränen weg und konzentrierte sich voll und ganz auf die Spur.

Endlich hatte ich wieder ein wenig Abstand gewinnen können, um mich ein wenig auszuruhen. Ich hatte den ersten Zug gehabt, aber Asaru hatte ihn einfach pariert und zu einem Gegenschlag ausgeholt, den ich jedoch parierte. So ging es eine Weile hin und her, bis wir beide schließlich aus der Puste waren. Ich hatte ein paar Kratzer am Arm und Hals und Asaru an der Hüfte und am Bein. Asaru startete gerade einen neuen Angriff und ich musste ausweichen. Sein Schwert änderte seine Richtung und hätte mich um Haaresbreite getroffen, wenn ich nicht schnell genug reagiert hätte. Nach ein paar weiteren Angriffen meinerseits, war ich vollkommen ausgepowert und meine Bewegungen wurden immer langsamer. Das Resultat waren weitere, tiefere Schnitte, die bluteten und brannten. Ich ignorierte die Schmerzen und war entschlossen, bis zum bitteren Tod, weiter zu kämpfen. Ich wartete auf einen weiteren Angriff von Asaru, denn wenn er mich unterschätzte, würde er vielleicht seinen Schutz vernachlässigen und ich könnte ihn verletzen. Ich hatte noch einige Reserven, von denen Asaru nichts wusste. Jedoch musste ich diese überlegt einsetzen, denn sie waren meine letzte Chance. Während ich mir noch überlegte, wie ich sie einsetzen sollte, startete Asaru einen neuen Angriff. Diesmal sah ich den Angriff nicht rechtzeitig und konnte nur mit knapper Not dem Schwerthieb entkommen. Ein lauter Schrei entblößte sich aus meiner Kehle. denn das Schwert hatte mich verletzt. Eine klaffende Wunde entstand nahe meinen Rippen. Lange würde ich seinen Angriffen nicht mehr standhalten können. So hoffte ich auf ein Wunder, ohne zu ahnen, dass dieses Wunder bereits auf dem Weg war....

Die Nacht war klar und der Mond spendete ihr sein milchiges Licht, sodass sie die Fußspuren gut erkennen konnte. Der Wind wehte ihr sanft entgegen und trug das scheinbar weit entfernte Schwertergeklirr zu ihr herüber. Weit in der Ferne sah sie leichte Nebelschwaden heraufsteigen. Plötzlich erschall ein Schrei weit in der Ferne und Helaja hielt den Atem erschrocken an. Der Schrei, da war sich Helaja sicher, stammte aus der Kehle ihrer Schwester. Einerseits bedeutete dies, dass ihre Schwester noch lebte, aber gleichzeitig musste sie sich in großer Not befinden. Von der Angst, die Schwester zu verlieren, beflügelt, legte Helaja noch einen Schritt zu und rannte schon bald. Sie orientierte sich nicht mehr an den Fußspuren, sondern folgte den Nebelschwaden und den Geräuschen, die der Wind ihr zutrug. Schon bald konnte sie in der Ferne das fackeln eines einsamen Lichtes erkennen. Nun wusste sie, dass sie nicht mehr fern war.

Asaru hatte den Fehler begangen, von dem ich hoffte, dass er ihn begehen würde. Er hatte gedacht ich sei schon am Ende und hatte seine Deckung offen gelassen. In diesem einen Augenblick sammelte ich noch einmal alle meine restlichen Kräfte und holte zu einem Hieb aus. Asaru war überrascht, fand seine Fassung jedoch viel zu früh wieder. Er trat schnell einen Schritt zurück, der ihn vor dem Schlimmsten bewahrte. Jedoch klaffte nun eine hässliche und tiefe Wunde in seinem rechten Arm. Auch er verlor jetzt zunehmendst an Stärke. Seine Angriffe kamen immer unregelmäßiger und ungenauer. "Ich bewundere deinen Kampfgeist. Du hältst dich gut, dennoch werde ich am Ende siegen. Es sei denn, du gibst jetzt auf, entschuldigst dich nett bei mir und ich könnte mir überlegen, dich in meiner Organisierung aufzunehmen." "Niemals! Ich soll mich dir anschließen und so das Todesurteil meines Vaters und Bruders in Kauf nehmen? Nein. Lieber würde ich auch sterben." "Das ist wirklich schade, denn du könntest zu großem Ruhm und Reichtum kommen. Solche Krieger wie dich kann das Land gut gebrauchen. Naja, du hast dein Schicksal selbst gewählt." Mit diesen Worten begann er einen neuen Angriff, der jedoch viel zu überstürzt war und dem ich mit Leichtigkeit auswich. Jedoch hatte ich mich getäuscht. Der Schlag war eine Finte und bevor ich mich schützen konnte, traf eine Faust meinen Magen und ich taumelte rückwärts, bis ich schließlich auf dem Rücken landete. Sterne tanzten vor meinen Augen und der Schmerz in meinem Kopf raubte mir fast die Besinnung. Ich versuchte mich mühselig wieder aufzusetzen, doch etwas schweres auf meiner Brust, ermöglichte es mir nicht. Ich schloss die Augen und vertrieb die Sterne. Danach öffnete ich sie wieder und sah Asarus Fuß, der verhinderte, dass ich mich bewegte. In seinem Gesicht las ich Spott und Bedauern, aber auch einen Anflug von Mordslust. Ich schloss die Augen wieder und machte mich auf den letzten Moment meines Lebens gefasst. Asaru beugte sich zu mir herab küsste mich und sagte:" Es ist wirklich schade, dass ich dich umbringen muss. Wieso musst du auch immer so stur sein! Du hättest die Frau eines Sultans werden können und meinetwegen hättest du auch in den Krieg ziehen können. Nun ist es zu spät. Ich wartete auf den erlösenden Schlag, als Asaru plötzlich seinen Fuß, mit einem Aufschrei, von mir herunter zog. Ich öffnete meine Augen und sah gerade noch, wie sich Asaru wütend herum drehte. Dann sah ich sie. Sie sah aus, wie ein Engel. Sie stand auf einer kleine Düne und der Mond beschien nur die Hälfte ihres Gesichts. In der erhobenen Hand hielt sie einen Bogen. Mein Blick wanderte zu Asaru, in dessen Rücken ein Pfeil steckte. Mit entschlossenen Schritten ging er geradewegs auf sie zu. Entsetzen packte mich. Ich war schwer verwundet und der Sturz benebelte noch immer meine Sinne. Kalte Wut packte mich. Nein! Helaja würde er nicht bekommen. Sie würde er nicht töten! Entschlossen raffte ich mich auf und nahm mein Schwert wieder auf. Dann rannte ich mit großen Sätzen auf Asaru zu. Dieser drehte sich überrascht um, doch es war schon zu spät. Meine Klinge bohrte sich tief in seinen Magen. Asaru sah mich, vor Entsetzen geweiteten Augen, an, dann sackte er leblos zusammen und das Licht in seinen Augen verschwand.

Ich sackte zusammen und starrte noch lange in die gebrochenen Augen des Kriegers. Warmes Blut floss über meine Hände, die noch immer den Griff des Schwertes fest umklammert hielten. Tränen rannen mir übers Gesicht, doch kein Laut entrann meiner Kehle. Erst als mich Helaja gewaltsam löste und mich in die Arme schloss, fing ich bitter an zu weinen. Schließlich erhoben wir uns und machten uns daran, Asarus Leiche zu verstecken. Ich zog mein Schwert heraus und wischte es ab. Danach steckte ich es in die Scheide und Helaja und ich machten uns gemeinsam an die Aufgabe, die Leiche in einem kleinem Palmenhain, nahe der Oase zu verscharren. Die Aasgeier würden bald die Überreste von ihm vertilgt haben. Gemeinsam ritten wir nach Hause. Ich auf meinem Pferd und Helaja auf Asarus. Helaja begleitete mich noch in mein Zimmer und half mir mich umzuziehen. Wir wuschen meine Wunden und Helaja verband sie. Niemand sprach ein Wort. Am Ende sackten wir beide kraftlos auf mein Bett nieder und schliefen ein.

Kapitel IV

Der nächste Morgen kam so schnell, dass ich nicht einmal richtig ausgeschlafen hatte. Helaja war bereits in ihr Zimmer gegangen, um sich fürs Frühstück frisch zu machen.

Der Abschied war herzlich. Ich war wie in Trance und mit meinen Gedanken weit, weit entfernt, während ich mich von Arm zu Arm weiter durcharbeitete. Nachdem auch der Letzte umarmt war, gesellte ich mich zu Helaja, die meine Hand nahm und sie stumm drückte. Schon als Asaru nicht zum Frühstück erschien, ließ mein Vater Boten nach ihm schicken und als die sein Zimmer leer auffanden, Kundschafter in die Wüste schicken. Gerade kam ein Reiter zu meinem Vater. Doch er ritt nicht allein. Hinten auf seinem Pferd hatte er einen Mann voller Sand. Als der Reiter näher kam stockte mir der Atem und ein unmerklicher Ruck durchfuhr mich. Ich drückte Helajas Hand fester und ich konnte fühlen, dass sie nicht minder angespannt war. Der Reiter hielt vor meinem Vater an und stieg ab. Sein Gesicht war trotz der sonnen bräune ungewöhnlich bleich. In seinen Augen sah man Entsetzen. Mein Vater sah mit nicht weniger Entsetzen auf den Leichnam, der unschwer erkennbar Asaru war. Niemand sprach ein Wort. Mein Vater sah Asaru mit Mitleid an und ich hätte am liebsten in die Welt heraus geschrieen, dass ich es war, die ihn getötet hatte, dass er meinen Vater und meinen Bruder nach dem Leben trachtete, doch ich konnte nicht. Ich zitterte und eiskalte Schauer liefen mir über den Rücken. Mein Herz schrie nach Vergeltung und danach den geschundenen Körpern den Hunden zum fraß vorzuwerfen. Ich wollte meinen Mund öffnen und es in alle Welt hinaus schreien, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Meine Beine zitterten heftig und gaben nach. Lautlos sackte ich auf den Boden und versank in einer eisigen Dunkelheit. Ich sah mich aufstehen und durch die Dunkelheit laufen, doch nirgends schien sie ein Ende zu haben. Plötzlich spürte ich, dass Helaja noch immer meine Hand fest umklammert hielt. Vor mir erschien ihr Gesicht und spendete mir Licht. Es wurde wieder hell und ich saß noch immer an Ort und Stelle und blickte in die besorgten Gesichter meiner Eltern. Sie halfen mir auf und redeten auf mich ein. Doch ihre Worte klangen fremd und weit entfernt. Der Verlauf des gestrigen Abends verlief vor meinem Inneren Auge und Zweifel nagten an mir. War es das Richtige? Hatte ich richtig gehandelt? War mein Mord berechtigt? Die Gedanken kreisten unaufhaltsam in meinem Kopf umher. Schließlich ließ mich Helajas Stimme aus meiner Trance erwachen. Sie blickte mich wissend an. Sie musste genau das selbe ertragen. Endlich trat ich wieder in die Wirklichkeit ein und hörte, wie sich gerade mein Vater mit dem Reiter unterhielt. Sie fragten sich, wer so etwas getan haben könnte. Erst jetzt packte mich der Schrecken, dass sie vielleicht uns verdächtigen könnten, doch... nein. Das war unmöglich. Niemand traute mir zu, mit einem Schwert umgehen zu können und Helaja traute niemand zu, dass sie sich mit dem Bogen auskannte.

Schließlich brachen wir doch auf. Meinen Vater hatte ich letzte Nacht ja gütig gestimmt und so vertraute er mir, alleine mit der Karawane zu reisen. Ich saß auf und meine Eskorte bezog Stellung um mich herum. Sie waren wie in einem fünfzackigem Stern angeordnet. Bis wir aus der Stadt draußen waren, ritten wir in einem leichten Trab. In der Wüste fielen wir in einen schnellen Galopp. Wir hatten vier Tagesritte vor uns und am fünften Tag sollten wir die Karawane erreicht haben. Dort würde ich für weitere sechs Tagesritte bleiben, bis ich mein Ziel erreicht hatte. Die Pferde wurden schnell müde und eigentlich wäre es besser gewesen auf Kamelen zu reiten, diese aber waren zu langsam und würden die Karawane nicht rechtzeitig erreichen. So mussten wir oft rasten und der Tag zog sich in die Länge. Wir beschlossen noch ein wenig in der Nacht zu reiten. Als der Mond schon aufgegangen war, schlugen wir an einer Oase unser Nachlager auf. Mein verwundeter Körper sehnte sich nach Erholung und Schlaf, nach diesem anstrengendem Ritt. Am frühen Morgen brachen wir unser Nachtlager ab und machten uns wieder auf den Weg. Wir redeten nicht viel und so fand ich Zeit, die vergangenen Ereignisse noch einmal revuè passieren zulassen. Der alte Trotz gegen meinen Vater flammte wieder auf und so war der Kampf gegen Asaru nur noch eine Erinnerung aus vergangenen Tagen. Bald würde ich ein neues Leben anfangen. Die restlichen Tage vergingen ereignislos.

Am Mittag des vierten Tages hatten wir unser Ziel erreicht. Die Karawane machte gerade eine Rast an einer Oase, als wir zu ihr stießen. Der Hauptmann meiner Eskorte wechselte ein paar Worte mit dem Führer der Karawane und entließ mich in seine Obhut. Ich ritt eine Zeit lang mit in der Vorhut, bis mein Pferd müde wurde und ich mich ein wenig zurückfallen ließ. In der Mitte waren große Handelskarren und an der Spitze von einem Ritt ein Händler Namens Bernwarth von der Hüp. Wir hatten das selbe Ziel und so freundete ich mich mit ihm an. Er erzählte mir viel von Ahmand al Sulayman, meinem Onkel, an den ich mich nur verschwommen erinnerte. So vergingen auch die restlichen fünf Tage und am sechsten Tag erreichten wir Yaromo.

Bernwarth führte mich in den Palast, wo schon alle wichtigen Leute versammelt waren. Ich übergab dem Padischah die Nachricht meines Vaters, der ließ diese von seinem Herold verlesen. Als dieser geendet hatte, richtete Ahmand sein Wort an mich: "Nun, du willst also hier bei uns lernen?" Ich war noch immer missgestimmt und so antwortete ich: "Von wollen kann keine Rede sein. Wohl eher müssen." Ahmand sah mich schmunzelnd an. Dann richtete er seine Worte an den Herold Rashid: "Ehrwürdiger Rashid, Herold des Volkes Yaromo, wollt Ihr sich ihrer erbarmen und sie unter Eure Fittiche nehmen und ihr Benehmen beibringen? Ich denke Ihr wärt der richtige Mann für diese Aufgabe. Ich habe vollstes Vertrauen in Euch." Rashid blickte mich kurz von der Seite an und wendete sich dann wieder Ahmand zu: "Ich danke euch für euer Vertrauen. Ich werde mir die größte Mühe geben." "Nun, wenn die anderen nichts einzuwenden haben, dann würde ich sagen, dass Leandra nun zu uns gehört." Er ließ seinen Blick umherschweifen, doch niemand schien Einwände zu haben und sie alle nickten nur stumm. "Gut. Dann heiße ich dich, Leandra Bin Sara Al Suleyman, im Namen des Volkes Yaromo, in unseren Reihen willkommen." Applaus brandete auf und ich erhob mich. Bernwarth verbeugte sich tief, doch ich blieb einfach stehen, bis er mich schließlich am Arm herunter zog. Ich deutete nun doch eine Verbeugung an und verließ rasch den Raum.

So begann ich mein neues Leben im Reiche Yaromo. Ich lernte die Hohepriesterin des Beks, Saris kennen, den Priester Jindrac kas Jergal, den Magier Mok`tar, den Zwergen Krieger Torgrimm und viele mehr.